Frankfurt a.M., New York (epd). Die Vereinten Nationen warnen vor den Folgen des Ausbleibens humanitärer Hilfe in der äthiopischen Krisenregion Tigray. 400.000 Menschen hätten die Grenze zur Hungersnot überschritten, und 1,8 Millionen weitere könnten ihnen folgen, erklärte der geschäftsführende UN-Nothilfekoordinator Ramesh Rajasingham in der ersten öffentlichen Sitzung des Sicherheitsrats zur Lage in Tigray am Freitagabend. Ihr Überleben hänge von der sofortigen Lieferung von Hilfsgütern ab.
Rajasingham forderte schnellen, uneingeschränkten und sicheren Zugang zu der Region im Norden Äthiopiens. „Wir brauchen jetzt Zugang, nicht nächste Woche“, betonte Rajasingham. Er verurteilte in der Sitzung des Sicherheitsrats gezielte Angriffe, bei denen bisher zwölf humanitäre Helfer getötet wurden. Durch die Kämpfe zwischen der äthiopischen Armee und regionalen Antiregierungstruppen in Tigray sind Schätzungen zufolge 1,7 Millionen Menschen vertrieben worden, 60.000 davon sind ins Nachbarland Sudan geflüchtet.
Hintergrund des Konflikts ist ein Streit um die Macht zwischen der Zentral- und der Regionalregierung, der Anfang November eskalierte. Sowohl den Regierungstruppen als auch regionalen Paramilizen und Rebellen werden schwere Verbrechen wie systematische Vergewaltigungen, ethnisch motivierte Massaker und der Einsatz von Hunger als Kriegswaffe vorgeworfen. Laut UN wurden 1.200 Fälle von sexueller Gewalt registriert, die Dunkelziffer könnte jedoch deutlich höher liegen. In der vergangenen Woche hatte die Regierung einen einseitigen Waffenstillstand erklärt, an den sich die Rebellen jedoch nicht halten wollten.