Berlin (epd). Der Bundesrat hat am Freitag in Berlin das Gesetz zum Ausbau der Grundschulen zu Ganztagsschulen aufgehalten. Die Länderkammer rief den Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundestag an, weil die Länder fürchten, finanziell überfordert zu werden. Grundschulkinder sollen von 2026 an einen Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz erhalten. Der Bundestag hatte das Gesetz vor zwei Wochen beschlossen. Damit es in Kraft treten kann, muss nun im Vermittlungsverfahren eine Einigung zwischen Bund und Ländern gefunden werden. Die voraussichtlich letzte Bundesratssitzung vor der Bundestagswahl soll Mitte September stattfinden.
Die Länder monieren, die Kosten des Ausbaus seien zu niedrig angesetzt worden. Sie verlangen vom Bund, einen größeren Anteil der Investitionskosten und der auf Dauer anfallenden Betriebskosten zu übernehmen. Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte, es reiche nicht, einen Rechtsanspruch einzuführen. Die Länder bräuchten auch die notwendigen Mittel, ihn umzusetzen. „Der Bund gibt den großen Familienversteher,“ bleibe aber sehr bescheiden bei der Verantwortung, das auch zu finanzieren, kritisierte Kretschmann.
Der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz für Grundschulkinder soll nach und nach greifen. Im Schuljahr 2026/2027 gilt er zunächst nur für Schulanfänger, dann jedes Jahr für eine Jahrgangsstufe mehr. Ab dem 1. August 2029 sollen alle Grundschulkinder der Klassenstufen eins bis vier einen Anspruch auf die Betreuung am Nachmittag haben. Der Bund will 3,5 Milliarden Euro an Investitionshilfen für den Neubau, Umbau und die Ausstattung von Schulen bereitstellen. Außerdem wird er sich an den Betriebskosten beteiligen.
Um die Acht-Stunden-Betreuung in der Grundschule war lange gerungen worden. Der Bund hat seine anfänglich geplante finanzielle Beteiligung bereits erhöht, wie Bundesfamilienministerin Christine Lambrecht (SPD) im Bundesrat betonte, doch den Ländern reicht das nicht aus.
Ganztagsplätze sollen es Eltern erleichtern, Beruf und Familie zu vereinbaren, und die Lernchancen für Kinder aus bildungsfernen Familien erhöhen. Für Krippen- und Kindergartenkinder gibt es bereits einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Laut Koalitionsvertrag von Union und SPD sollte der Anspruch für Grundschulkinder eigentlich schon 2025 eingeführt werden.