Frankfurt a.M., Naypyidaw (epd). In Myanmar hat am Montag ein erster Prozess gegen die gestürzte De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi begonnen, wie Aktivisten und Menschenrechtler am Mittag bestätigten. Vor einem Gericht in der Hauptstadt Naypyidaw muss sich Suu Kyi wegen angeblicher Verstöße gegen Corona-Auflagen im Wahlkampf 2020 und illegalen Besitzes von Funkgeräten verantworten. Das Verfahren findet hinter verschlossenen Türen statt. Am Dienstag soll ein weiterer Prozess gegen die Friedensnobelpreisträgerin beginnen, in dem Vorwürfe zur „Anstiftung zum Aufruhr“ verhandelt werden. Des weiteren wirft ihr das Militärregime den Verrat von Staatsgeheimnissen sowie Korruption vor. Wird die 75-Jährige schuldig gesprochen, drohen ihr lange Haftstrafen.
Die Organisation „Human Rights Watch“ bezeichnete die Anschuldigungen als fingiert und politisch motiviert. Die Klagen sollten verhindern, dass Suu Kyi jemals wieder für ein Amt kandidiere, kritisierte der Vize-Asienchef der Organisation, Phil Robertson. „Dieser Prozess ist eindeutig die Eröffnungssalve in einer Gesamtstrategie, um Suu Kyi und ihre Partei, die Nationale Liga für Demokratie, als eine Kraft zu neutralisieren, die die Militärherrschaft in der Zukunft in Frage stellen kann“, erklärte er. Auch der gestürzte Präsident Win Myint steht in dieser Woche vor Gericht. Sowohl Suu Kyi als auch Win Myint waren wenige Stunden nach dem Putsch am 1. Februar festgenommen worden.
Das Militär unter Machthaber Min Aung Hlaing hatte den Umsturz mit Wahlbetrug begründet, ohne Beweise vorzulegen. Suu Kyis NLD hatte die Abstimmung vom November klar gewonnen, die Partei der Militärs war unterlegen. Seit dem Putsch versinkt das südostasiatische Land im Chaos. Laut der Hilfsorganisation für politische Gefangene AAPP wurden bisher mindestens 863 Menschen bei Protesten getötet. Mehr als 6.000 Personen wurden festgenommen, die meisten sitzen weiter hinter Gittern.