München (epd). Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx hat am Sonntag im Münchner Liebfrauendom weitere Hintergründe über sein inzwischen abgelehntes Rücktrittsgesuch bekanntgemacht - und neue Wege für die Zukunft aufgezeigt. „Manches an Gehabe und an Selbstbewusstsein, das auf die Institution und auf die Macht und auf den Einfluss ausgerichtet ist, den wir hätten oder haben wollen - all das ist vielleicht doch vorüber“, sagte er am Sonntag im Münchner Liebfrauendom laut Mitteilung.
Marx ging damit näher auf seine Äußerung ein, die Kirche sei an einem gewissen „toten Punkt“ angekommen. „Das ist keine Kritik, sondern einfach nur ein Aufruf, ein Weckruf“, erläuterte Marx seine Beweggründe. Die Formulierung vom „toten Punkt“ hatte Marx in seinem Brief vom 21. Mai, in dem er Papst Franziskus seinen Rücktritt als Erzbischof von München und Freising angeboten hatte, verwendet.
Er habe dabei den Jesuitenpater Alfred Delp zitiert, der in einem Text von 1944 vom „toten Punkt“ geschrieben hatte, erläuterte Marx weiter. Delp habe die Formulierung gewählt, „weil er meint, dass die Kirchen angesichts der Zeitstunde, in die sie hineingestellt sind - das war damals der Nationalsozialismus -, doch zu sehr an ihr eigenes Überleben geklammert waren, an ihre Institution, an den Betrieb, den sie nicht beschädigen wollten“.
Er freue sich darüber, dass in der Kirche so viele „engagierte Brüder und Schwestern“ tätig seien, sagte Marx in seiner Predigt weiter. Jedes Engagement werde kostbar bleiben in alle Ewigkeit - „und doch fragen wir uns: Ist nicht manches an der Sozialgestalt der Kirche vorüber?“ Damit meine er aber nicht das Evangelium, nicht den Einsatz für die Kranken, nicht den Einsatz für den Nächsten und auch nicht die Feier der Eucharistie, stellte Marx klar.
Es brauche statt neuer Strukturen und Reformdiskussionen nun „eine Hinwendung zu den Menschen selbst“. Er bekomme aktuell viele Briefe, „auch voller Not, voller Sehnsucht nach einer Kirche, nach einer Gemeinschaft, die aufhilft, die heilt, die Wunden ernstnimmt und nicht rechthaberisch darüber hinweggeht“, berichtete Marx.
Außerdem müsse die Ökumene gestärkt werden, bei der es darum gehe, dass die Kirchen „in einem größeren Miteinander das Christentum, das Evangelium in diesem Land weitersagen, mit all den Unterschiedlichkeiten, die bleiben, aber in großer Gemeinschaft“.
Marx hatte Papst Franziskus am 21. Mai seinen Rücktritt als Erzbischof von München und Freising, der er seit 2008 ist, angeboten und dies am 4. Juni öffentlich gemacht. Mit diesem Schritt wollte der 67-jährige nach eigenem Bekunden Mitverantwortung übernehmen „für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten“.
Am Donnerstag hatte der Vatikan mitgeteilt, dass Papst Franziskus das Rücktrittsangebot von Marx abgelehnt hat. Er habe „nicht damit gerechnet“, dass der Papst so schnell reagieren würde, und auch den Inhalt der Entscheidung habe er „so nicht erwartet“, sagte Marz. Im Gehorsam akzeptiere er aber die Entscheidung, könne aber nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Stattdessen werde er in den kommenden Wochen darüber nachdenken, wie er noch mehr zur Erneuerung der Kirche beitragen könne.