Nach Rücktrittsgesuch von Marx: Kardinal Woelki will im Amt bleiben

Münchner Erzbischof Marx hielt  nach seinem Rücktrittsangebot einen Gottesdienst mit Altarweihe.
© Matthias Balk/dpa
Zwei Tage nach seinem Rücktrittsangebot feierte der Münchner Erzbischof Marx einen Gottesdienst mit Altarweihe. Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki hat „großen Respekt vor der Entscheidung von Kardinal Marx", bleibt aber im Amt.
Nach Rücktrittsgesuch von Marx: Kardinal Woelki will im Amt bleiben
Nach dem Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx will der in der Kritik stehende Kölner Kardinal Woelki an seinem Amt festhalten. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz sieht den Zeitpunkt für eine souveräne Entscheidung verpasst.

Köln, München (epd). Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki hat nach der Rücktrittsankündigung des Münchener Erzbischofs Reinhard Marx einem ähnlichen Schritt eine Absage erteilt. Er habe „großen Respekt vor der Entscheidung von Kardinal Marx, die er in diesen für die katholische Kirche schweren Zeiten als seine persönliche Konsequenz gezogen hat“, sagte der Kölner Kardinal am Sonntag in einem kurzfristig aktualisierten „Wort des Bischofs“ des Kölner Bistumssenders Domradio. Als Bischof trage er die Verantwortung, dass es anders werde, erklärte Woelki: „Mit allen Kräften will ich mich dafür einsetzen, dass die Aufarbeitung weitergeht. Und ich will die Veränderungen vorantreiben.“

Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte im Interview mit den ARD-„Tagesthemen“ am Freitag auf die Frage, ob der in der Kritik stehende Erzbischof von Köln in einer Kirche, die sich erneuern müsse, noch eine führende Rolle einnehmen könne: „Das muss der Kardinal Woelki für sich entscheiden und es spielen jetzt andere mit, die Visitatoren und Papst Franziskus spielen mit.“ Während Marx heute eine souveräne Entscheidung getroffen habe, sei der Zeitpunkt hierfür „natürlich im Erzbistum Köln überschritten“.

Bätzing forderte fundamentale Reformen in der katholischen Kirche. „Alle, die denken, dass die Kirche aus dieser massiven Krise herauskommen könnte durch ein paar Schönheitsreparaturen äußerlicher Art, juridischer Art, verwaltungsmäßig, die täuschen sich“, sagte Bätzing in den „Tagesthemen“. Man habe in der Kirche „solches Systemversagen“ wahrgenommen, dass es darauf nur „systemische Antworten“ geben könne, „die fundamental sind“.

Marx hatte am Freitag angekündigt, auf sein Bischofsamt zu verzichten und damit Konsequenzen aus dem Umgang seiner Kirche mit Missbrauchsfällen zu ziehen. Er wolle Mitverantwortung übernehmen „für die Katastrophe des sexuellen Missbrauchs durch Amtsträger der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten“, hieß es in Brief von Marx an Papst Franziskus. Er wolle Verantwortung tragen, „nicht nur für eigene mögliche Fehler, sondern für die Institution Kirche“.

Auch wenn er namentlich nicht genannt wird, sehen viele darin einen Hinweis auf den seit längerem im Kreuzfeuer stehenden Kölner Erzbischof Woelki. Dieser hatte unter anderem ein Gutachten über Missbrauch im Erzbistum zunächst unter Verschluss gehalten und ein weiteres in Auftrag gegeben.

Woelki sagte im Domradio, mit der Entsendung des Vatikans von zwei Prüfern habe der Papst auf das Gutachten und seine Bitte reagiert. „Das ist ein direkter Auftrag des Heiligen Vaters zur Zusammenarbeit, den ich verantwortungsvoll begleiten werde“, sagt der Kölner Kardinal. Die Bischöfe von Stockholm und Rotterdam, Anders Arborelius und Johannes van den Hende, wurden vom Vatikan beauftragt, sich vor Ort ein Bild über die Situation im Erzbistum verschaffen. Dabei sollen sie mögliche Fehler von Woelki, der Weihbischöfe Dominikus Schwaderlapp und Ansgar Puff sowie des früheren Kölner Generalvikars und heutigen Hamburger Erzbischofs Stefan Heße untersuchen.

Der Vorsitzende des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, Joachim Unterländer, bedauerte das Rücktrittgesuch von Kardinal Marx. Seit Bekanntwerden der zahlreichen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche habe der Münchener Erzbischof sich in einem Maß für die Aufklärung und Aufarbeitung eingesetzt, das man sich von Anfang an von allen Beteiligten gewünscht hätte, erklärte Unterländer am Samstag. Marx habe nicht nur alles daran gesetzt, dass diese Fälle neu aufgerollt werden, sondern dass endlich die Perspektive der Opfer in den Mittelpunkt gerückt wurde. „Deshalb gilt für uns: die katholische Kirche in Bayern braucht Kardinal Reinhard Marx.“

Die evangelische Theologin Margot Käßmann Reformen in der katholischen Kirche für dringend nötig. „Sie muss - wie die evangelische auch - Schuld bekennen gegenüber den Opfern von Missbrauch“, schrieb die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in der „Bild am Sonntag“. Ihrer Ansicht nach sei die katholische Kirche jedoch nicht „an einem toten Punkt“ angekommen, wie Marx es formuliert hatte, so die ehemalige hannoversche Landesbischöfin in ihrer Kolumne. "Es zeigt sich doch auch Aufbruch in der katholischen Kirche! Frauen verlangen Zugang zu allen Ämtern. Priester segnen homosexuelle Paare. Gemeinden hissen Regenbogenfahnen.