Brüssel, Luxemburg (epd). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Leiharbeitsfirmen bei der Überlassung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in andere EU-Länder Grenzen gesetzt. Die grenzüberschreitende Praxis könnte dazu führen, dass die Firmen sich extra in Ländern mit niedrigen Sozialstandards niederlassen, erklärte der EuGH am Donnerstag in Luxemburg. Die Leiharbeitsfirma muss dem Urteil zufolge einen „nennenswerten“ Teil der Überlassung von Leiharbeitern an Unternehmen im Inland tätigen, damit auch für ihre Leiharbeiter im Ausland die Sozialstandards des eigenen Landes gelten. (AZ: C-784/19)
Im konkreten Fall ging um einen Bulgaren, den eine bulgarische Leiharbeitsfirma an ein Unternehmen in Deutschland entliehen hatte. Sie wollte für ihn die bulgarischen Rechtsvorschriften zur sozialen Sicherung geltend machen. Das lehnten die bulgarischen Behörden ab.
Der EuGH musste das einschlägige EU-Recht auslegen, das die Entsendung von Arbeitnehmern regelt, und es auf die Leiharbeitnehmer anwenden. Demzufolge muss jede entsendende Firma einen „nennenswerten“ Teil ihrer Tätigkeit in dem Land ausführen, dessen soziale Vorschriften für den in ein anderes Land entsandten Arbeitnehmer gelten sollen, so der EuGH. Denn schließlich handele es sich ja um eine Ausnahme von der Regel, dass die Vorschriften eines Landes für alle gelten, die dort arbeiten.
Auf Leiharbeitsfirmen angewandt heißt das, dass es nicht genügt, wenn die Leiharbeiter im betreffenden Land - hier Bulgarien - ausgewählt und eingestellt werden. Vielmehr müsse auch ein nennenswerter Teil der Leiharbeit für Unternehmen in diesem Land (Bulgarien) stattfinden, so der EuGH. Dann erst dürften die jeweiligen Vorschriften auch auf die in ein anderes Land (Deutschland) überlassenen Arbeitnehmer angewandt werden.