Brüssel (epd). Abgeordnete der beiden größten Fraktionen im Europaparlament haben sich für ein Recht auf Nichterreichbarkeit für Arbeitnehmer stark gemacht. Das Verwischen der Linie zwischen Arbeit einerseits und Freizeit und Familienleben andererseits habe negative Folgen für die Psyche, erklärte Miriam Lexmann (Europäische Volkspartei, Slowakei) am Dienstag bei einem Webinar der Europäischen Sonntagsallianz. Lexmann bezog sich insbesondere auf die Situation in der Corona-Pandemie. Eine Grenzziehung sei aber auch ökonomisch sinnvoll, weil erholte Menschen effizienter arbeiteten.
Die Sozialdemokratin Patrizia Toia (Italien) warnte, Tele-Arbeit dürfe keine „neue Form von Sklaverei“ werden. Der CDU-Abgeordnete Dennis Radtke machte klar, dass es nicht an der Politik sei zu entscheiden, ob der Trend zum mobilen Arbeiten und Home-Office gut oder schlecht sei. An ihr sei es aber, für dieses Arbeiten klare Regeln zu setzen. Es gebe in mehreren EU-Ländern ein Recht auf Nichterreichbarkeit, das aber verschieden angewendet werde, brachte Alex Aguis Saliba (Sozialdemokraten, Malta) vor.
Hintergrund der Veranstaltung war eine Resolution des Parlaments vom Januar. Darin fordert die Volksversammlung von der EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag zum Recht auf Nichterreichbarkeit. Nichterreichbarkeit („right to disconnect“) heißt dabei, „dass außerhalb der Arbeitszeit weder direkt noch indirekt mittels digitaler Werkzeuge arbeitsbezogene Tätigkeiten ausgeübt werden oder arbeitsbezogene Kommunikation erfolgt“.
Die Europäische Sonntagsallianz ist ein Netzwerk nationaler Sonntagsallianzen, Gewerkschaften, religiöser Gemeinschaften und anderer Organisationen in Europa. Sie setzt sich für einen arbeitsfreien Sonntag und allgemein für anständige Arbeitszeiten ein.