Genf (epd). Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte schlägt Alarm angesichts der anhaltenden tödlichen Gewalt bei Protesten in Kolumbien. Polizisten hätten in der westlichen Stadt Cali auf Demonstranten geschossen und viele Menschen verletzt und getötet, erklärte eine Sprecherin des Hochkommissariats am Dienstag in Genf. Auslöser für die Proteste war eine geplante Steuerreform, die die Regierung inzwischen zurückgezogen hat. Dennoch hielten die Demonstrationen an.
Seit Beginn der Proteste Mitte vergangener Woche seien Menschenrechtler eingeschüchtert und bedroht worden, betonte die Sprecherin, Marta Hurtado. Man habe Berichte über 14 Todesfälle aus verschiedenen Landesteilen erhalten, mindestens ein Opfer war Polizist. Das Hochkommissariat erinnerte die Behörden an ihre Verpflichtung, Menschenleben zu schützen. Die Menschen hätten das Recht, sich friedlich zu versammeln.
Gewerkschaften sowie soziale und indigene Organisationen befürchten, dass die Steuerreform auf Kosten der einfachen Bevölkerung geht, während Reiche davon nicht betroffen sind. Mit der Reform soll das Haushaltsloch gestopft werden, das durch die Corona-Pandemie entstanden ist.
Zehntausende Menschen waren zu Beginn der Proteste in zahlreichen Städten Kolumbiens auf die Straßen gegangen, um ihre Ablehnung gegen die Steuerreform auszudrücken. In Bogotá, Medellín, Cali und anderen Städten kam es dabei zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Präsident Iván Duque sprach laut einem Bericht der Zeitschrift „Semana“ von „kriminellem Vandalismus“. Die Demonstrationen stehen in einer langen Reihe von Protestaktionen, mit denen oppositionelle Organisationen seit 2019 gegen die Wirtschafts- und Sozialpolitik des konservativen Präsidenten Duque auf die Straße gehen.