Gesetzentwurf sieht bundesweite Ausgangs- und Kontaktsperren vor

Gesetzentwurf sieht bundesweite Ausgangs- und Kontaktsperren vor
Steigt die Corona-Inzidenz über 100, soll in Städten oder Kreisen künftig eine einheitliche "Notbremse" greifen - mit Schließung von Geschäften und einer Testpflicht in Schulen. Arbeitsminister Heil will auch die Unternehmen in die Pflicht nehmen.

Berlin (epd). Nächtliche Ausgangssperren, strikte Kontaktbeschränkungen, verpflichtende Corona-Tests für Schülerinnen und Schüler: Die Bundesregierung will ein bundesweit einheitliches Vorgehen bei hohen Corona-Infektionszahlen im Gesetz festschreiben. Am Wochenende wurde bekannt, was die "Notbremse" beinhalten soll, die Landkreise oder kreisfreie Städte ziehen sollen, wenn mehr als 100 Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen registriert werden. Die Regelung soll bereits am Dienstag im Bundeskabinett verabschiedet und anschließend im Bundestag beraten werden. Sie stößt auf ein geteiltes Echo. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will darüber hinaus eine Testpflicht für Unternehmen durchsetzen.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung, der mit Stand Samstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, sieht bundesweit verbindlich beim Überschreiten des Grenzwerts Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen sowie Schließung von Geschäften, Restaurants und Freizeiteinrichtungen in den betroffenen Landkreisen und Städten vor. Ab einer Inzidenz von 200 soll Präsenzunterricht in den Schulen verboten sein. Die Bundesregierung soll laut dem Papier ermächtigt werden, zur einheitlichen Festsetzung von Corona-Maßnahmen mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zu erlassen.

Überschreitet die Sieben-Tage-Inzidenz in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt den Wert von 100 an drei Tagen hintereinander, soll dort der Aufenthalt außerhalb einer Wohnung von 21 bis 5 Uhr untersagt werden, Ausnahmen gelten für medizinische Notfälle und berufliche Gründe. Private Treffen sollen nur noch mit einer Person außerhalb des eigenen Haushalts erlaubt sein - insgesamt maximal fünf Erwachsene, Kinder werden nicht mitgezählt.

Schüler im Präsenzunterricht müssen zweimal wöchentlich getestet werden, ab einer Inzidenz von 200 wird Präsenzunterricht laut Entwurf ganz verboten. Ab der Inzidenz 100 gilt zudem automatisch eine Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske bei körpernahen Dienstleistungen sowie im öffentlichen Personennah- und Fernverkehr. Für religiöse Zusammenkünfte ändert sich nichts. Sie bleiben weiter möglich.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will zeitgleich zur neuen "Notbremse" eine Corona-Testpflicht für Unternehmen durchsetzen. "Alle müssen jetzt ihren Beitrag im Kampf gegen Corona leisten, auch die Arbeitswelt", sagte Heil der "Bild am Sonntag": "Um die zu schützen, die nicht von zu Hause arbeiten können, brauchen wir flächendeckend Tests in den Betrieben."

Heil plant dafür eine Verschärfung der Arbeitsschutzverordnung, wie Regierungskreise bestätigten. Demnach sollen alle Mitarbeiter, die nicht im Homeoffice sind, das Recht auf einen Corona-Test pro Woche bekommen. Wer viel Kundenkontakt hat oder mit Lebensmitteln arbeitet, soll Anspruch auf zwei Tests pro Woche haben. "Ich will, dass wir das am Dienstag in der Bundesregierung beschließen", sagte der SPD-Politiker.

Kritik an den Plänen der Bundesregierung zum Infektionsschutzgesetz kam vom Landkreistag und aus Niedersachsen. Landesinnenminister Boris Pistorius (SPD) sagte der "Welt am Sonntag", es wäre ein großer Fehler, die Länder mitten in der Krise zu entmachten. Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, sagte der Funke Mediengruppe (Online/Montag): "Der vorliegende Entwurf ist ein in Gesetz gegossenes Misstrauensvotum gegenüber Ländern und Kommunen."

Unterstützung kam dagegen vom Städtetag. Die Städte begrüßten es, dass ein gemeinsamer bundeseinheitlicher Rahmen geschlossen werden soll, sagte Städtetagspräsident Burkhard Jung der Funke Mediengruppe. Der CDU-Vorsitzende Armin Laschet erneuerte in der "Bild am Sonntag" seine Forderung nach "schnellen, harten Lockdown-Maßnahmen". Ein Bundesgesetz sei der langsamste Weg, "aber wenn es gut gemacht ist, bin ich dafür".