Berlin (epd). Die Menschenrechtslage hat sich wegen der Corona-Krise für Millionen Menschen weltweit verschlechtert. Das geht aus dem Jahresbericht von Amnesty International hervor, der am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. In vielen Teilen der Welt habe die Pandemie Ungleichheit, Diskriminierung und Unterdrückung verstärkt. "Zahlreiche Staaten missbrauchten die Gesundheitskrise, um weiter rechtsstaatliche Prinzipien aufzulösen und Rechte einzuschränken, oder nahmen billigend den Tod von Menschen aus Risikogruppen oder dem Gesundheitssektor in Kauf", sagte der Generalsekretär der deutschen Amnesty-Sektion, Markus Beeko.
Autoritäre Regierungen gingen oft mit Gewalt gegen die Zivilgesellschaft vor, während die internationale Zusammenarbeit versage, wie beim Zugang zu Corona-Impfstoff, kritisierte Beeko. Kritische Stimmen, die auf Missstände aufmerksam machten, seien vielerorts gezielt verfolgt worden. Der Bericht analysiert die Menschenrechtslage im vergangenen Jahr in 149 Ländern.
Auch in Deutschland bestehe Handlungsbedarf, etwa beim Schutz vor Rassismus oder der Kontrolle der Polizei, sagte Maria Scharlau, Expertin für Polizei und Antirassismus bei Amnesty. Zugleich hieß es, Deutschland habe 2020 mit Gerichtsprozessen nach dem sogenannten Weltrechtsprinzip einen wichtigen Beitrag im internationalen Kampf gegen die Straflosigkeit geleistet. So habe im weltweit ersten Strafprozess wegen Staatsfolter in Syrien im Februar 2021 das Oberlandesgericht Koblenz einen früheren Mitarbeiter des syrischen Geheimdienstes zu viereinhalb Jahren Haft wegen Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt.
Die globale Pandemie habe schonungslos die Schwächen der internationalen Zusammenarbeit und der globalen Institutionen offenbart, sagte Beeko mit Blick auf eine gerechte Impfstoffverteilung: "Die Covid-19-Pandemie ist ein Lackmustest, inwieweit die Staatengemeinschaft in der Lage ist, verantwortlich und aktiv mit globalen Herausforderungen umzugehen - ob Pandemie, Klimakrise oder menschenrechtskonforme Digitalisierung."
Alarmierend sei auch die Lage der Beschäftigten im Gesundheitswesen. Weltweit seien mindestens 17.000 von ihnen im vergangenen Jahr gestorben, ein Großteil in Südamerika. Sie arbeiteten oftmals ohne grundlegende Schutzvorkehrungen, und in mehr als einem Viertel der Länder seien zudem staatliche Repressionen gegen medizinisches Personal dokumentiert worden.
Auch die katastrophalen Lebensumstände von Flüchtlingen habe die Pandemie verschärft. Viele seien ohne Grundversorgung festgesetzt worden, an vielen Grenzen würden sie rechtswidrig zurückgedrängt und misshandelt, wie etwa an den EU-Außengrenzen in Griechenland und Kroatien.
In dem Bericht wird außerdem in vielen Regionen ein erheblicher Anstieg von häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt festgestellt. Für Frauen sowie Homo- und Transsexuelle seien viele Hilfsangebote nicht mehr verfügbar gewesen. Besonders in Afrika südlich der Sahara sei die verheerende Auswirkung gewalttätiger Konflikte durch die Corona-Krise verstärkt worden, wie in Äthiopien, Mosambik, Kamerun und Nigeria, heißt es in dem Bericht weiter.