Berlin (epd). Der Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Andreas Westerfellhaus, und Intensivmediziner warnen vor einer Massenflucht aus dem Pflegeberuf, sollten die Arbeitsbedingungen nicht durchgreifend verbessert werden. "Wenn wir jetzt nichts tun und die Pflegekräfte gehen, dann bekommen wir ein existenzielles Problem in der Intensivmedizin", erklärte der designierte Präsident der Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi), Felix Walcher, am Donnerstag in Berlin.
Der Pflegebevollmächtigte Westerfellhaus sagte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Online, Donnerstag), die Pflegekräfte seien nach über einem Jahr Dauerstress in der Pandemie körperlich und seelisch erschöpft. Er höre bei Gesprächen oft, dass sich Pflegekräfte nach beruflichen Alternativen umsehen. "Viele haben das Vertrauen verloren, dass sich die Situation grundlegend ändert", sagte Westerfellhaus. Es gebe Hinweise darauf, dass im vergangenen Jahr Tausende Pflegekräfte in Krankenhäusern und der Altenpflege aufgehört hätten. Der Intensivmediziner Walcher betonte: "Es gibt kein Intensivbett ohne Pflege! Wir Ärzte stehen nicht den ganzen Tag am Bett der Patienten - das sind die Pflegenden."
Westerfellhaus forderte Personalschlüssel, die sich am tatsächlichen Pflegebedarf orientieren und an der Leistungsfähigkeit der Pflegekräfte, "mit planbaren Arbeitszeiten und ohne Hetze". Zudem verlangte er mehr Kompetenzen für die Pflegenden. "Examinierte Pflegekräfte können nach ihrer dreijährigen Ausbildung extrem viel, fühlen sich aber oft zu Assistenten der Ärzte degradiert." Die Ärzte müssten "begreifen, dass eine flächendeckende Versorgung auch in ländlichen Regionen nur mit einer sinnvollen Arbeitsteilung zwischen Medizinern und Pflegekräften zu schaffen ist". Der Pflegebevollmächtigte verlangte zudem eine bessere Bezahlung.