Köln (epd). Der Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki hat nach der Veröffentlichung des Missbrauchsgutachtens schwere Versäumnisse in seinem Erzbistum eingeräumt. Das in der vergangenen Woche vorgelegte Gutachten habe eine systembedingte Vertuschung bei den Verantwortlichen der Erzdiözese festgestellt, sagte Woelki am Dienstag in Köln. Es habe ein "Chaos in der Verwaltung" geherrscht. Die Folgen des sexuellen Missbrauchs an Schutzbefohlenen hätten Menschenleben zerstört. "Das hätte so nie passieren dürfen", betonte der Kardinal.
Das Erzbistum habe deshalb sowohl das nun veröffentlichte Gutachten der Kanzlei Gercke Wollschläger sowie das Vorgängergutachten der Münchener Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl an die Staatsanwaltschaft weitergegeben. Für das Kölner Erzbistum gehe es in dieser Frage um einen "echten Wandel in unserer Haltung und um eine Begegnung der Betroffenen auf Augenhöhe", sagte Woelki.
Woelki räumte ein, dass es bislang an Mitgefühl und Empathie für die Opfer gefehlt habe. In diesem Zusammen kündigte der Erzbischof an, dass er mit jedem der über 300 in dem Gutachten aufgeführten Betroffenen ein persönliches Gespräch führen wolle. Er biete diese Gespräche den Betroffenen an, auch wenn er wisse, dass nicht unbedingt jeder den Wunsch danach habe.
Das in der vergangene Woche veröffentlichte Gutachten der Strafrechtsanwälte Björn Gercke und Kerstin Stirner belastet mehrere Bischöfe im Umgang mit Vorwürfen sexuellen Missbrauchs, begangen von Klerikern und Kirchenpersonal, schwer. Die Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominikus Schwaderlapp wurden vorläufig freigestellt. Zudem entband Kardinal Woelki den Kölner Offizial Günter Assenmacher vorläufig von seinen Aufgaben. Der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße, der damalige Leiter der Hauptabteilung Seelsorge/Personal in Köln, bot dem Papst seinen Rücktritt an.
Bereits vor einem Jahr wollte Woelki ursprünglich ein anderes, bereits fertiggestelltes Gutachten der Münchner Kanzlei Westphal Spilker Wastl zum Umgang der Bistumsleitung mit Missbrauchstaten durch Kleriker veröffentlichen. Er hält es jedoch seither unter Verschluss und begründet dies mit angeblichen Mängeln und äußerungsrechtlichen Problemen. Ab Donnerstag soll in Köln auch dieses Gutachten unter strengen Regeln nach Voranmeldung persönlich eingesehen werden können.