Rörig fordert weitere Konsequenzen im Erzbistum Köln

Rörig fordert weitere Konsequenzen im Erzbistum Köln
"Die Betroffenen gehören in den Blick genommen", sagt der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung zu den Fällen sexualisierter Gewalt im Erzbistum Köln. Er fordert aufzuklären, "was nicht in den Akten steht".

Köln (epd). Der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, fordert vom Erzbistum Köln weiteres Engagement bei der Aufklärung von Fällen sexualisierter Gewalt. "Die ersten Suspendierungen sind sicher ein wichtiger Schritt, aber jetzt muss für jedermann in Köln und außerhalb erkennbar werden, dass unberechtigter Institutionenschutz der Vergangenheit angehört", sagte Rörig. Der Kölner Rockmusiker Wolfgang Niedecken sagte, solange die katholische Kirche ihr System nicht von Grund auf verändere, würden ihr "die Menschen in Scharen weglaufen". Niedecken war in den 60er Jahren selbst Betroffener sexualisierter Gewalt.

Rörig forderte in der "Kölnischen Rundschau" (Samstag), bei der jetzt anstehenden unabhängigen Aufarbeitung sei "absolute Transparenz" nötig. "Dazu gehört, dass mit Respekt und Demut mit den Betroffenen umgegangen wird", sagte der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs. Die Kölner Anwaltskanzlei Gercke Wollschläger habe die Grenzen einer juristischen Aufarbeitung gut dargestellt. Es müsse aber auch aufgeklärt werden, "was nicht in den Akten steht". "Die Betroffenen gehören in den Blick genommen, ihr körperliches und seelisches Leid, der rigorose und oft herzlose Umgang kirchlicher Autoritäten mit den kindlichen Opfern", verlangte Rörig.

Die Kölner Strafrechtsanwälte Björn Gercke und Kerstin Stirner hatten am Donnerstag ihr Rechtsgutachten zum Umgang mit Missbrauchsfällen in der Bistumsspitze zwischen 1975 und 2018 vorgestellt. Es belastet mehrere Bischöfe schwer. Pflichtverstöße fanden die Gutachter bei den ehemaligen Kölner Erzbischöfen Kardinal Joseph Höffner und Kardinal Joachim Meisner. Der heutige Erzbischof Rainer Maria Woelki soll laut Gutachten keine Verfehlungen begangen haben.

Das Gutachten führte zu personellen Konsequenzen: Der heutige Hamburger Erzbischof Stefan Heße, der früher die Hauptabteilung Seelsorge/Personal in Köln geleitet hatte, bot Papst Franziskus seinen Rücktritt an. Die Weihbischöfe Ansgar Puff und Dominikus Schwaderlapp wurden vorläufig freigestellt. Zudem entband Kardinal Woelki den Kölner Offizial Günter Assenmacher vorläufig von seinen Aufgaben.

Niedecken sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), der "Alt-Männer-Verein" im Vatikan wähne sich immer noch in Zeiten des Absolutismus: "Die haben den Knall nicht gehört." Der Musiker und Gründer der Kölschrock-Band BAP hatte in den 60er Jahren selbst Missbrauch in einem katholischen Internat in Rheinbach bei Bonn durchlebt.

Unterdessen sprach sich die Kölner SPD-Politikerin Elfi Scho-Antwerpes angesichts der Erkenntnisse aus dem Gutachten dafür aus, den Kardinal-Höffner-Platz vor dem Kölner Dom umzubenennen. Sie verwies auf die prominente Stelle, die viele Touristen anziehe. "Auch den Betroffenen gegenüber wäre es ein gutes Signal, wenn der Platz nicht mehr seinen Namen tragen würde", sagte Scho-Antwerpes, erste Stellvertreterin der Oberbürgermeisterin Henriette Rekers (parteilos), der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Samstag).

epd lwd/kfr