Köln (epd). Die CDU-Politikerin Annette Schavan wirft der katholischen Kirche vor, die Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt verschleppt zu haben. Am Runden Tisch der Bundesregierung sei schon 2010 darüber gesprochen worden, sagte die damalige Wissenschaftsministerin dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag): "Jetzt hat man zehn lange Jahre, eine ganze Dekade, verstreichen lassen. Die Kirche könnte viel weiter mit Aufklärung und Veränderung sein, als sie es ist."
Die aus den Missbrauchsfällen erwachsene Krise sieht Schavan nicht auf ihr Heimatbistum Köln beschränkt. "Die Logik 'Institutionenschutz vor Opferschutz' war überall die gleiche", sagte die 65-Jährige. Mit Blick auf mögliche persönliche Konsequenzen hochrangiger Würdenträger des Erzbistums als Konsequenz aus den Ergebnissen eines Gutachtens, das am 18. März vorgelegt werden soll, sagte Schavan, für sich allein hätten Rücktritte keine heilende Wirkung. Es müssten konkrete Schritte der Veränderung folgen. "Der Prüfstein muss sein: Passiert jetzt etwas? Dazu braucht es Tatkraft und klare Prioritäten, um erstens den Opfern gerecht zu werden - und zweitens den Gläubigen im Bistum", sagte sie.
Wer in der Kirche ein Leitungsamt übernehme, stehe in der Verantwortung gegenüber den Gläubigen, nicht nur gegenüber Rom, erläuterte Schavan, die von 2014 bis 2018 deutsche Botschafterin im Vatikan war: "Politische Verantwortung" ohne einen Rücktritt übernehme nur der, "der etwas verändert und besser macht. Alles andere ist bloße Rhetorik."
epd kfr