München (epd). Deutlich mehr Menschen in Deutschland könnten einer Studie des ifo-Instituts zufolge im Homeoffice arbeiten. Danach arbeiteten im Februar nur rund 30 Prozent der Beschäftigten mindestens teilweise im Homeoffice, wie das Institut am Mittwoch in München mitteilte. Das Potenzial liege bei 56 Prozent, sagte ifo-Forscher und Studienautor Jean-Victor Alipour: "Die Firmen und die Mitarbeiter schöpfen es bei weitem nicht aus." Die im Januar beschlossene Pflicht der Firmen zum Homeoffice, um die Corona-Ansteckungen zu verringern, sei deshalb bislang zum Teil verpufft. Der Anteil der Firmen, die Homeoffice nutzten, lag im Februar bei 81 Prozent.
Um die Pandemie zu bekämpfen und Öffnungen zu ermöglichen, sei es erforderlich, dass mehr Menschen im Homeoffice arbeiteten, schreiben die Autoren. Das könnte bedeuten, die Homeoffice-Pflicht auf die Arbeitnehmer auszudehnen. "Aktuell gibt es in Deutschland lediglich die Bitte an die Arbeitnehmer, ein Angebot zum Homeoffice auch anzunehmen", sagte Alipour. Frankreich und Belgien hatten dagegen im Winter eine Pflicht zum Homeoffice auch für Arbeitnehmer ausgesprochen.
Die Arbeit zuhause könnte laut Studie auch mit Anreizen attraktiver gemacht werden, für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber: etwa durch Belegungs-Obergrenzen für Büros und verteuerte Office-Arbeitsplätze für Unternehmen. Oder durch stärkere steuerliche Anreize für Heimarbeiter. Aktuell könne man fünf Euro pro Tag und höchstens 600 Euro steuerlich absetzen. Dies sei nur zur Entlastung bei den Kosten gedacht, nicht aber als Anreiz, sagte Alipour.
Der Dienstleistungssektor verzeichnet aktuell mit 40 Prozent den größten Anteil an Beschäftigten im Homeoffice. "Dies dürfte vor allem an der Berufsstruktur und den Tätigkeitsprofilen der Branche liegen", sagte Alipour. Im Großhandel seien es 24 Prozent, in der Industrie knapp 22 Prozent, auf dem Bau gut 10 Prozent und im Einzelhandel knapp 10 Prozent.
Kleine und mittlere Unternehmen haben der Untersuchung zufolge wesentlich weniger auf Homeoffice umgestellt als Großunternehmen. So arbeite in der Industrie fast ein Drittel der Beschäftigten in Großunternehmen aktuell von zuhause, während es bei den kleinen und mittleren Betrieben nur knapp ein Viertel tue. Bereits vor der Coronakrise allerdings sei die Heimarbeit in größeren Firmen weitaus üblicher gewesen.