Sächsisches Bistum arbeitet Missbrauchsfall aus 60er Jahren auf

Sächsisches Bistum arbeitet Missbrauchsfall aus 60er Jahren auf
Staatsanwaltschaft eingeschaltet
2010 ist dem Bistum Dresden-Meißen ein konkreter Missbrauchsfall in Heidenau bekanntgeworden. Bislang gab es vor Ort keine Aufarbeitung. Doch ein neuer Gemeindereferent will den Prozess nun voranbringen.

Dresden/Heidenau (epd). Das katholische Bistum Dresden-Meißen hat bei der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Es sei eine Anzeige gegen mutmaßliche Täter oder Komplizen im Zusammenhang mit einem bereits bekannten Missbrauchsfall in der Heidenauer Pfarrei St. Georg gestellt worden, bestätigte Bistumssprecher Michael Baudisch dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag. Zuerst hatte die in Dresden erscheinende "Sächsische Zeitung" darüber berichtet. Im konkreten Fall handelt es sich um einen Priester in Heidenau (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge), der vor 50 Jahren gestorben ist.

Baudisch bestätigte auch, dass die Heidenauer Pfarrei das Grab des Priesters einebnen wolle. Das bedeute aber nicht, dass über seine Taten ein "Teppich des Schweigens" gelegt werden soll. Die Taten würden "weder von der Pfarrei noch vom Bistum gedeckt". Der Fall war dem Bistum seit 2010 bekannt, eine Aufarbeitung blieb jedoch bislang aus. Angestoßen wurde sie 2020 von dem neuen Gemeindereferenten in Heidenau, Benno Kirtzel.

Zur Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs vor Ort soll es im Juni einen öffentlichen Informationsabend geben. Der Medienbericht zu Vergehen an Minderjährigen in den 60er Jahren habe aufgerüttelt, sagte Baudisch. Laut Bericht soll der verstorbene Pfarrer Herbert Jungnitsch vier Kinder missbraucht haben und von Helfern unterstützt worden sein.

Die Einebnung des Grabes soll laut dem Gemeindereferenten und Präventionsbeauftragten Kirtzel "bewusst nicht im Geheimen und nicht ohne weitere Bemühungen zur Aufarbeitung der entsprechenden Jahre geschehen". Sie sei Teil eines Prozesses. Über einen geeigneten Zeitpunkt und die Form der Grabeinebnung werde noch diskutiert.

In einem vom Bistum verbreiteten Statement heißt es: "In Heidenau ist Schreckliches geschehen. Nachweislich hat Pfarrer Jungnitsch Kinder sexuell missbraucht. Das verstört uns und macht uns betroffen." In den Aufklärungs- und Aufarbeitungsprozessen sei noch viel zu tun. Vielen älteren Christen sei Jungnitsch noch persönlich bekannt.

Das Bistum und die Gemeinde wollten einen gemeinsamen Weg finden, der die Täter benenne und den Betroffenen Gehör schenke, erklärte der Dresdner Generalvikar Andreas Kutschke. "Angesichts dessen, was sich in Heidenau ereignet hat, können wir nicht schnell mal etwas abarbeiten", betonte Kutschke. Das Bistum Dresden-Meißen rufe zudem erneut dazu auf, dass sich Betroffene sexuellen Missbrauchs melden.

Die sächsisch-ostthüringische Diözese hat nach eigenen Angaben bisher Anerkennungszahlungen nach sexuellem Missbrauch von rund 114.500 Euro geleistet. Darunter waren drei Opfer aus Heidenau. Bislang seien dem Bistum insgesamt 14 männliche und 16 weibliche Missbrauchsbetroffene bekannt. Gegen 21 Beschuldigte sei ermittelt worden. Sechs von ihnen seien bereits verstorben.