Brüssel (epd). Beim geplanten EU-Gesetz zu Mindestlöhnen geht es dem federführenden Europaabgeordneten Dennis Radtke (CDU) vor allem um eine Stärkung von Tarifbindung und Sozialpartnerschaft. Mindestlöhne seien ohnehin nur eine "Hilfskrücke nach unten hin", faire und angemessene Löhne dagegen würden allein in Tarifverhandlungen auf Augenhöhe erreicht, sagte Radtke am Montag bei einem Online-Pressekonferenz zusammen mit der anderen Berichterstatterin des Parlaments, der Niederländerin Agnes Jongerius aus der sozialdemokratischen Fraktion. Er strebe daher kein bestimmtes Mindestlohnniveau an, sagte Radtke.
Der CDU-Politiker wies darauf hin, dass das öffentlich diskutierte Mindestlohnniveau von 60 Prozent des Medianeinkommens zum Beispiel in Bulgarien und Rumänien bereits erreicht sei. Darum würde eine EU-Vorgabe in dieser Richtung dort auch gar nichts verändern, obwohl Veränderungen nötig seien.
Mit Blick auf die Tarifbindung hingegen sei auch Deutschland nur in bestimmten Branchen wie möglicherweise der Chemieindustrie und teils der Metall- und Elektroindustrie ein "Musterland sozialer Marktwirtschaft". Insgesamt liege die Tarifbindung hierzulande nur noch bei knapp 50 Prozent und nehme ab, so Radtke.
Die EU-Kommission hatte im Oktober einen Richtlinien-Entwurf über angemessene Mindestlöhne vorgelegt. Er zielt aber wegen der begrenzten Kompetenz auf EU-Ebene weder direkt auf gesetzliche Mindestlöhne noch ein einheitliches Mindestlohnniveau. Vielmehr soll das Gesetz Leitplanken für bestehende Lohnsysteme setzen. Der Entwurf sieht vor, dass Länder mit gesetzlichem Mindestlohn bestimmte Bedingungen erfüllen, darunter "klare und stabile Kriterien" für die Löhne und regelmäßige Anpassungen. In der Praxis für wirksamer als gesetzliche Mindestlöhne hält die Kommission das Modell Tarifverhandlungen. Diese will sie darum mit dem Gesetz fördern, ohne sie direkt flächendeckend aufzuerlegen.