Düsseldorf (epd). Der promovierte Theologe Thorsten Latzel wird neuer Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland mit 2,4 Millionen Mitglieder. Der 50-jährige Direktor der Evangelischen Akademie übernimmt das Spitzenamt der zweitgrößten deutschen Landeskirche im März von Manfred Rekowski, der dann in den Ruhestand geht. Vertreter von Kirche und Politik gratulierten dem künftigen leitenden Geistlichen am Donnerstag zu seiner Wahl durch die rheinische Landessynode.
Latzel setzte sich bei der Abstimmung der per Videokonferenz tagenden Synode überraschend bereits im ersten Wahlgang mit 113 von 190 Stimmen gegen den aus Bayern stammenden Theologieprofessor Reiner Knieling und die Superintendentin des Kirchenkreises An Sieg und Rhein, Almut van Niekerk, durch. Er kündigte danach an, er wolle die rheinische Kirche als "Ort der Hoffnung für diese Welt" stärken, damit sie weiter ihre öffentliche Verantwortung zum Wohl der Gesellschaft wahrnehmen und "Salz der Erde" sein könne. In der Geschichte der rheinischen Kirche ist Latzel der erste Präses, der selbst nicht aus der Landeskirche kommt.
"Ich brenne für unsere evangelische Kirche als eine weltoffene Gemeinschaft mit einem freien Glauben", betonte der künftige Präses. Zu den Aufgaben gehöre zwar auch, kirchliche Strukturen umzubauen, weil die Kirche in den kommenden Jahren "weniger, älter und ärmer" werde. Prägend sei aber die "inhaltliche Hoffnung" der Kirche. Die Generation der 20- bis 40-Jährigen spiele eine Schlüsselrolle für die Zukunft der Kirche und solle stärker in den Blick genommen werden.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, verband seine Glückwünsche mit einer Würdigung von Latzels bisheriger Arbeit, die geprägt sei "von vielfältigen Impulsen und guten Ideen zu den notwendigen Reformprozessen in der evangelischen Kirche". Er freue sich auf die Zusammenarbeit in der EKD.
Die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen und EKD-Ratsvize Annette Kurschus betonte die besondere Verbindung zwischen Rheinland und Westfalen. Sie freue sich auf die Zusammenarbeit. "Sie übernehmen Ihr Amt in einer Zeit, die uns in sämtlichen Bereichen unseres Lebens und Arbeiten vor nie gekannte Herausforderungen stellt", schrieb sie an Latzel. Das Präsesamt sei eine "reizvolle und schöne Aufgabe, in der Sie wunderbare und beglückende Erfahrungen machen werden".
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) würdigte Latzel als Persönlichkeit, die "über reiche Erfahrungen an der Schnittstelle zwischen Kirche, Gesellschaft und Politik verfügt". Er werde sicherlich auch für Rheinland-Pfalz wichtige Impulse geben. Dreyer dankte dem scheidenden Präses Manfred Rekowski für vertrauensvolle Beziehungen.
Auch der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) kündigte an, die Landesregierung werde weiterhin vertrauensvoll mit der rheinischen Kirche zusammenarbeiten. Latzel werde "seine Erfahrungen als Direktor der Evangelischen Akademie in Frankfurt in sein neues Amt einbringen". Glückwünsche kamen unter anderem auch von der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) und der benachbarten hessen-nassauischen Landeskirche.
Der in Bad Laasphe im Kreis Siegen-Wittgenstein aufgewachsene Latzel war nach seinem Theologiestudium mit anschließender Promotion Vikar und Gemeindepfarrer in der Nähe von Hanau, ehe er 2005 ins EKD-Kirchenamt nach Hannover wechselte, wo er als Oberkirchenrat das Projektbüro Reformprozess leitete und auch für die EKD-Kirchenmitgliedschaftsuntersuchungen zuständig war. 2013 übernahm er die Leitung der Evangelischen Akademie in Frankfurt.
Latzel ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Von der fundamentalistisch-konservativen Haltung seines Bruders Olaf, der kürzlich vom Bremer Amtsgericht wegen Volksverhetzung verurteilt wurde, distanziert er sich klar.
Die rheinische Kirche umfasst 37 Kirchenkreise mit 655 Gemeinden und erstreckt sich über Teile von Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und dem Saarland. Der Präses vertritt die Landeskirche nach außen und ist Vorsitzender der Landessynode und der Kirchenleitung sowie Chef des Kollegiums im Landeskirchenamt.