SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach sieht einen konsequenten Lockdown als schicksalsentscheidend.
Berlin (epd). Wenige Tage vor den nächsten Bund-Länder-Beratungen mehren sich Forderungen nach einer Verlängerung des Lockdowns. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) verwies auf weiter steigende Patientenzahlen und warnte vor einer Überlastung der Kliniken. "Die Zahlen werden frühestens ab Mitte Januar zurückgehen, wenn denn der Lockdown wirkt", sagte DKG-Präsident Gerald Gaß dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Donnerstag).
"Die klare Forderung der Krankenhäuser an die Politik lautet: Es muss bei den Kontaktbeschränkungen über den 10. Januar hinaus bleiben", betonte Gaß. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete am Freitag 22.924 bestätigte Corona-Infektionen und 553 Corona-Tote binnen 24 Stunden. Die Gesamtzahl der Todesfälle in Deutschland stieg auf 33.624.
Die Belastung der Krankenhäuser durch die Versorgung von Covid-19-Patienten sowohl auf Normal- als auch auf Intensivstationen steige seit Wochen, erklärte die DKG am Freitag in Berlin. Die Lage werde nicht mehr nur durch einzelne regionale Hotspots bestimmt, sondern sei insgesamt problematisch. Die Kliniken benötigten daher auch für das beginnende Jahr kurzfristig Liquiditätshilfen, betonte Gaß. Dazu solle bei dem Bund-Länder-Treffen am Dienstag eine Regelung getroffen werden.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte der "Rheinischen Post" (Donnerstag): "Nur der konsequente und verlängerte Lockdown bestimmt das Schicksal der nächsten Monate und führt zu geringeren Infektionszahlen." Mit Blick auf die angelaufenen Impfungen warnte er vor einem Zurücklehnen: Bei der bisher geringen Menge an Impfstoff werde es bis Ende März "keinen nennenswerten Einfluss auf die Infektionszahlen geben", mahnte Lauterbach.
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte der Zeitung, der Lockdown "ist und war notwendig, und er muss wohl auch Anfang Januar verlängert werden". Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister von Berlin und Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, erklärte bei RTL/ntv mit Blick auf die anstehende Sitzung der Bundesländer mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU): "Wenn die Infektionszahlen so hoch bleiben, dann gehe ich davon aus, dass wir mindestens diese Maßnahmen, die wir jetzt haben, auch verlängern werden."
Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) rief vor dem Corona-Gipfel zu ausgewogenen Entscheidungen auf. Bei den erforderlichen Maßnahmen von Bund und Ländern bleibe es zentral, "dass die Exekutive die Verantwortung des Einzelnen fest im Blick hält und auf so viel Freiheit wie möglich setzt", sagte Schäuble der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstag). "Es ist schier unmöglich, per Gesetz jeden Corona-Todesfall zu verhindern." Es sei daher seine Grundüberzeugung, dass die Politik die Abwägung zwischen dem Schutz des Lebens und den Nachteilen der Anti-Corona-Maßnahmen "nicht komplett per Verordnung oder Gesetz auflösen kann, sondern dass die Verantwortung auch in den Händen der Ärzteschaft, von Wissenschaft und Ethikern liegt".
Die derzeitigen zum 16. Dezember in Kraft getretenen Kontaktbeschränkungen gelten noch bis zum 10. Januar. Ziel der bundesweiten Einschränkungen ist es, die Zahl der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner auf maximal 50 innerhalb einer Woche zu senken.
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