Düsseldorf (epd). Laut einer Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung ist die durchschnittliche Erwerbsarbeitszeit von Frauen im Zuge der Corona-Krise stärker gesunken als die von Männern. Vor Beginn der Pandemie hätten Frauen im Durchschnitt fünf Stunden pro Woche weniger als Männer in einem bezahlten Job gearbeitet, zeigen die am Dienstag in Düsseldorf veröffentlichten Ergebnisse einer aktuellen Befragung der gewerkschaftsnahen Stiftung. Im Herbst 2020 habe die Differenz bei den Arbeitszeiten sechs Stunden betragen.
Bei Erwerbstätigen mit betreuungsbedürftigen Kindern lag die Differenz bei der Arbeitszeit zwischen den Geschlechtern im Herbst bei elf Stunden pro Woche, hieß es. Vor der Krise seien es zehn und während der ersten Phase der Kontaktbeschränkungen im Frühjahr zwölf Stunden gewesen. Eine Ursache für den gewachsenen Abstand sei, dass vor allem Frauen zusätzliche familiäre Aufgaben wie Kinderbetreuung und die Pflege von Angehörigen übernommen hätten, vermuten die Wissenschaftler.
Durch den derzeit verschärften Lockdown dürfte der Rückstand der Frauen bei der bezahlten Arbeitszeit noch einmal wachsen, erklärte die wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, Bettina Kohlrausch. Aufgrund der verlängerten Weihnachtsferien von Schulen und Kitas entstehe zusätzlicher Betreuungsbedarf. Hinzu komme, dass mit dem Einzelhandel eine Branche mit vielen weiblichen Beschäftigten stark von den Schließungen betroffen sei. Daher wechselten jetzt mehr Frauen als Männer in Kurzarbeit.
Von Kurzarbeit waren Frauen und Männer bisher in ähnlichem Maße betroffen: Unter den befragten männlichen Erwerbstätigen arbeiteten sieben Prozent kurz, bei den weiblichen acht Prozent. Deutliche Unterschiede gab es hingegen bei den finanziellen Folgen der Kurzarbeit. Zum einen verzeichneten erwerbstätige Frauen im Schnitt niedrigere Einkommen. Zum anderen erhielten die Frauen seltener eine Aufstockung des Kurzarbeitsgeldes über das gesetzlich vorgesehene Niveau hinaus, weil sie seltener nach Tarifvertrag bezahlt wurden.
Für die Erwerbspersonenbefragung hatte das Meinungsforschungsinstitut Kantar Deutschland im November mehr als 6.100 Erwerbstätige und Arbeitsuchende online interviewt. Dieselben Personen waren bereits im April und im Juni befragt worden.