München (epd). Intensivmediziner fordern eine gesetzliche Regelung für sogenannte Triage-Situationen in der Corona-Pandemie. Die derzeitige Rechtsunsicherheit sei für Ärzte "nicht gut zu ertragen", sagte der Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Uwe Janssens, am Dienstag vor Journalisten. Sollte eine Priorisierung von Patienten notwendig werden, müssten Ärzte zurzeit zwar nach einem Mehr-Augen-Prinzip, aber "schlimmstenfalls aus dem Bauch heraus entscheiden". Dass bei einer Entscheidung möglicherweise strafrechtliche Konsequenzen drohen, führe im Extremfall zu Handlungsunfähigkeit, monierte Janssens. Darum habe die DIVI die Empfehlung ausgesprochen, hier Rechtssicherheit zu schaffen.
Der Entwicklung der Pandemie in den kommenden Wochen sehen die Mediziner mit Sorge entgegen. Sollten die Infektionszahlen weiter auf diesem Niveau bleiben, "werden wir fortgesetzte Grenzsituationen auf den Intensivstationen sehen", sagte Janssens. Derzeit werden bundesweit mehr als 5.000 Menschen intensivmedizinisch behandelt, für Januar rechnen die Ärzte mit 6.000 Intensivpatienten - entsprechend dem ab dem Jahreswechsel erwarteten Höhepunkt der Infektionszahlen. Das Hauptproblem seien nicht fehlende Intensivbetten, sondern das knappe Personal.
Aktiviert ist den Ärzten zufolge nun die bundesweite Verlegung von Intensivpatienten nach dem Kleeblatt-Prinzip. Dabei bilden mehrere Bundesländer zusammen jeweils eins von fünf Kleeblättern als eigene Planungseinheiten. Die beiden bevölkerungsreichsten Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen bilden jeweils ein eigenes Blatt. Das seit April entwickelte Konzept soll dazu dienen, überlastete Regionen und Krankenhäuser zu unterstützen, indem Patientengruppen woandershin verlegt werden.