Düsseldorf (epd). In der Debatte über eine mögliche Befassung des Bundestages mit einer drohenden Triage in Kliniken hat Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) auf Empfehlungen der medizinischen Fachgesellschaften und des Deutschen Ethikrats verwiesen. Wie und mit welchen intensivmedizinischen Maßnahmen Patientinnen und Patienten behandelt werden, sei eine ärztliche Entscheidung im Einzelfall, die allein nach medizinischen Kriterien getroffen werden kann, sagte Lambrecht der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Freitag). Die medizinischen Fachgesellschaften und der Deutsche Ethikrat hätten dazu Empfehlungen ausgesprochen.
Der Begriff Triage (französisch für Auswahl, Sortieren, Sichten) stammt ursprünglich aus der Kriegsmedizin. Er beschreibt die Priorisierung medizinischer Hilfeleistung, insbesondere bei unerwartet hohem Aufkommen an Patienten und unzureichenden Behandlungsmöglichkeiten. Wegen der knapper werdender Beatmungsplätze für Covid-19-Erkrankte wird befürchtet, dass Mediziner in Deutschland in nächster Zeit verstärkt vor Triage-Situationen gestellt werden könnten.
Lambrecht sagte, das Bundesverfassungsgericht habe klargestellt, dass jedes Leben gleich schützenswert sei und dass es nicht gegen ein anderes Leben abgewogen werden dürfe. Auch der Ethikrat habe ausgeführt, dass die Garantie der Menschenwürde es dem Staat verbiete, in akuten Krisensituationen nach Überlebenschancen und Sterberisiken zu unterscheiden.
Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach nannte es "völlig abwegig, den Bundestag über Triage-Regeln entscheiden zu lassen". "Alle deutschen Krankenhäuser haben funktionierende Triage-Pläne und können das für sich am besten organisieren", sagte der Mediziner. Die Überlastung einzelner Intensivstationen sei am besten dadurch zu vermeiden, dass man Patienten in andere Häuser verlegt. "Das passiere bereits", sagte er. Von einer drohenden Triage in mehreren Regionen sei man weit entfernt.