Den Haag (epd). Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag steht kurz vor der Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens gegen Mitglieder der nigerianischen Terrorgruppe Boko Haram. Chefanklägerin Fatou Bensouda teilte am Freitagabend in Den Haag mit, es gebe genug Hinweise auf Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Auch in der Ukraine sollen demnächst Ermittlungen beginnen, unter anderem wegen Verbrechen auf der Krim und bei Kämpfen im Osten des Landes. Die Richter müssen beiden Anträgen formell noch zustimmen.
Bensouda erklärte, Voruntersuchungen in beiden Ländern hätten ergeben, dass die Aufnahme von Ermittlungen angesichts der Schwere der Verbrechen gerechtfertigt sei. In Nigeria seien Boko Haram und deren Splittergruppen unter anderem für Mord, Vergewaltigung, sexuelle Sklaverei und Angriffe auf die Zivilbevölkerung verantwortlich. Die meisten Verbrechen würden zwar durch die Islamisten begangen, aber auch nigerianische Sicherheitskräfte seien für schwere Verbrechen verantwortlich, erklärte Bensouda. Boko Haram ist seit 2009 im Norden Nigerias aktiv, terrorisiert die Bevölkerung und greift immer wieder Einrichtungen der Regierung an.
In der Ukraine gehe es vor allem um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, darunter beispielsweise die Behandlung von Gefangenen. Wer für die Verbrechen verantwortlich ist, nannte die Chefanklägerin nicht. Die Anklagebehörde hatte auf Antrag der ukrainischen Regierung im April 2014 Voruntersuchungen begonnen, um zu prüfen, ob die Verbrechen schwer genug sind und in die Zuständigkeit des Gerichts fallen.
Der Strafgerichtshof in Den Haag kann in den 123 Mitgliedsstaaten Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verfolgen. Weil Ukraine sich dem Gericht nicht angeschlossen hat, war eine Beauftragung durch die Regierung notwendig, um Ermittlungen beginnen zu können.