Berlin (epd). Der Paritätische Gesamtverband hat sich dafür ausgesprochen, über die Prioritäten bei den Corona-Impfungen den Bundestag entscheiden zu lassen. "Die Empfehlungen der Ständigen Impfkommission ersetzen nicht eine ordentliche Befassung des Bundestags in dieser schwierigen Frage", sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Angesichts der begrenzten Impfstoffkapazitäten müsse die Frage, wer prioritär Zugang erhält, gesetzlich normiert werden: "Das kann nicht einfach per Verordnung gelöst werden." Mehrer Fachverbände mahnten an, Menschen mit Behinderungen in der Prioritätenliste beim Impfen höher einzustufen. Die Diakonie sprach sich dafür aus, auch pflegende Angehörige vorrangig zu immunisieren.
Schneider sagte, wenn zunächst nur drei Millionen Impfdosen zur Verfügung stünden, könnten in der ersten Impfgruppe auch nur 1,5 Millionen Menschen geimpft werden. "Es muss also sogar noch über eine Priorisierung innerhalb der prioritären Gruppen entschieden werden - eine solch schwierige Entscheidung muss das Parlament diskutieren und legitimieren", betonte der Geschäftsführer. Neben besonderen Risikogruppen müsse vorrangig das Personal in Einrichtungen und Diensten für vulnerable Gruppen berücksichtigt werden.
Auch Menschen, die sich im häuslichen Bereich um hilfebedürftige Menschen kümmern, sollten laut Paritätischem Priorität im Zugang zu den Impfdosen haben: "Die Betreuung, Unterstützung und Pflege von Kranken, Pflegebedürftigen, Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen muss sichergestellt bleiben."
Die Fachverbände für Menschen mit Behinderung forderten am Donnerstag in Berlin, dass Menschen mit schwerer mehrfacher Behinderung und hohem Unterstützungsbedarf in Institutionen ebenfalls in die Zugangsstufe "sehr hoch" eingruppiert werden, weil ihre Risiken vergleichbar seien mit denen von Bewohnern und Bewohnerinnen von Altenpflegeheimen.
"Bei der Impfstrategie dürfen wir auch nicht die große Zahl der pflegenden Angehörigen vergessen", sagte Diakoniechef Ulrich Lilie. Angehörige, die mit einem pflegebedürftigen oder behinderten Menschen zusammenlebten und mit ihm zur Impfung kämen, müssten gleich mitgeimpft werden: "Das Netz der sorgenden Familien trägt in diesen Tagen eine große Last. Wir müssen es im Interesse aller stärken und immun gegen das Virus machen." Menschen mit Behinderungen in Gemeinschaftseinrichtungen sowie schutzbedürftige Menschen in solchen Unterkünften benötigten ebenfalls raschen Zugang zur Impfung.