Berlin (epd). Ein harter Lockdown zur Eindämmung der Corona-Pandemie wird wahrscheinlicher. Am Dienstag kündigten einige Ministerpräsidenten noch schärfere Maßnahmen zur Kontaktreduzierung an. Sachsen will schon ab kommenden Montag nur noch lebensnotwendige Läden offen halten. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) gab mit Hinweis auf die dramatisch hohe Sieben-Tage-Inzidenz von 319 in seinem Bundesland bekannt, dass von Montag an Schulen, Kindertagesstätten und Geschäfte schließen sollen.
Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina empfiehlt Einschnitte in zwei Stufen: Um die Kontrolle über das Infektionsgeschehen zurückzuerlangen, müssten Anfang nächster Woche Kontakte im beruflichen wie im privaten Bereich auf das absolute Mindestmaß reduziert werden. Ab dem 24. Dezember bis mindestens zum 10. Januar sollte in ganz Deutschland ein harter Lockdown gelten, schlugen die Wissenschaftler in Halle vor.
Das Robert Koch-Institut in Berlin hatte in der Nacht zum Dienstag 14.054 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden gemeldet. Das waren 450 mehr als eine Woche zuvor. Die Zahl der an oder mit Corona Gestorbenen erhöhte sich um 423 auf 19.342. Bundesweit lag die Sieben-Tage-Inzidenz, die die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche angibt, bei 147. Ziel der Politik ist es, diese Zahl unter 50 zu drücken. Nur dann sind die Gesundheitsämter in der Lage Infektionsketten nachzuverfolgen.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich in München dafür aus, vom 24. Dezember bis zum 10. Januar alle Geschäfte außer denen des täglichen Bedarfs zu schließen. Die geplante Lockerung der Kontaktbeschränkungen an den Weihnachtstagen verteidigte er jedoch. Weihnachten sei das "Fest der Hoffnung und der Familie". Keiner solle an Weihnachten alleinsein müssen.
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kündigte für sogenannte Hotspots einen kurzen, scharfen Lockdown an - mit weiteren Ausgangsbeschränkungen, weniger Präsenzunterricht an Schulen, der Schließung weiterer Einrichtungen und einem Alkohol-Konsumverbot im Freien. Hartnäckige Quarantäneverweigerer sollen von der Polizei auch eingewiesen werden können.
Die hessische Landesregierung beschloss nächtliche Ausgangssperren in Gebieten mit sehr hohen Corona-Neuinfektionen. Sie gelten ab Freitag in Landkreisen oder kreisfreien Städten mit einer dauerhaften Inzidenz von mehr als 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen jeweils von 23 Uhr abends bis 5.00 Uhr morgens. Die Regelung gilt zunächst bis zum 10. Januar kommenden Jahres.
Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), sagte im ARD-"Morgenmagazin", er könne sich weitere Einschränkungen "sehr gut vorstellen". Gut denkbar seien diese etwa im Einzelhandel nach den Weihnachtseinkäufen. Auch in den Schulen seien nach den Weihnachtsferien weitere Restriktionen möglich, etwa in Form von mehr digitalem Unterricht.
Für Rheinland-Pfalz kündigte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) an, dass es über Weihnachten und insbesondere zum Jahreswechsel keine nennenswerten Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen geben werde. Es sei "vollkommen klar", dass die ursprünglich in Aussicht gestellte Rücknahme der Einschränkungen nicht durchführbar sei, erklärte sie. Allenfalls vom 23. bis zum 27. Dezember sollen Treffen von maximal zehn Personen aus drei Haushalten erlaubt sein.
Eine vergleichbare Regelung gilt im Saarland. Dort warb Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) mit Blick auf mögliche Verschärfungen für bundesweite Einheitlichkeit. "Nur wenn es einheitlich ist, gibt es auch Akzeptanz für unsere Maßnahmen", sagte er am Dienstagabend. Wenn beispielsweise das Saarland härtere Regeln als Rheinland-Pfalz hätte, würde die Mobilität in das Nachbarbundesland zunehmen, was kontraproduktiv sei.
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