Niedersachsens Innenminister gegen Abschiebungen nach Syrien

Niedersachsens Innenminister gegen Abschiebungen nach Syrien

Berlin, Freiburg (epd). Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius (SPD) hat sich gegen Abschiebungen nach Syrien gewandt. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) ignoriere bei dem Thema die Realität, sagte Pistorius im Interview des Berliner "Tagesspiegel" (Freitag). Seehofer und seine Amtskollegen aus der Union fordern, den Abschiebestopp für syrische Gewalttäter und Gefährder aufzuheben. Die SPD-Innenminister sind dagegen. Am 10. und 11. Dezember tagen die Innenminister von Bund und Ländern unter dem Vorsitz Thüringens in Berlin zum Teil digital.

"Die aktuellen Rückmeldungen aus dem für die Lagebewertung zuständigen Auswärtigen Amt sind eindeutig: in Syrien herrscht Krieg und die Situation ist heute nicht besser", sagte Pistorius, der bei der Innenministerkonferenz als Sprecher der SPD-Minister auftritt. Seehofer führe "Phantomdebatten". Deutschland habe schon seit 2012 keine diplomatischen Beziehungen zu Syrien mehr. Es gebe dort "keine staatliche Stelle, mit der man eine Rückführung vor Ort organisieren könnte, was zwingend erforderlich wäre", betonte Pistorius.

Auch Caritas-Präsident Peter Neher lehnt Abschiebungen nach Syrien als nicht vertretbar ab. "Die Situation ist landesweit katastrophal und die Gefährdungen für die Abgeschobenen nach ihrer Rückkehr wären immens", erklärte Neher am Freitag. Einzig und allein die Situation in Syrien und Risiken seien entscheidend dafür, ob eine Rückkehr nach Syrien möglich ist. "Innenpolitische Motive dürfen das nicht in Zweifel ziehen", betonte er.

In Syrien seien Kämpfe, Anschläge und die Unterdrückung Andersdenkender an der Tagesordnung. Zudem seien Armut und Ernährungsnot so schlimm wie noch nie. Über neun Millionen Familien seien nicht in der Lage, sich ausreichend mit Lebensmitteln zu versorgen. Für den Winter werde eine Hungersnot befürchtet. "Das ist kein Land, in das man Menschen schickt", sagte Neher: "Menschenrechte und der Schutz des Lebens gelten für alle." Eine Abkehr von diesem Grundprinzip hätte verheerende Auswirkungen, fügte er hinzu.