Köln (epd). Nach heftiger Kritik will das Erzbistum Köln ein umstrittenes Gutachten zum Thema Missbrauch nun doch öffentlich zugänglich machen. Nach Fertigstellung des neuen Gutachtens soll zunächst der Betroffenenbeirat des Erzbistums Einblick in das vorherige abgelehnte Gutachten erhalten, wie der Kölner Erzbischof Kardinal Rainer Maria Woelki am Freitagabend erklärte. Zudem solle dann der Öffentlichkeit Einsicht in das frühere Gutachten ermöglicht werden. Das solle im rechtlich möglichen Rahmen für interessierte Einzelpersonen, besonders für Betroffene oder Journalisten, gelten.
Auch die noch einzurichtende unabhängige Aufarbeitungskommission solle Einsicht in das erste Gutachten erhalten, nachdem das neue sogenannte Gercke-Gutachten im März 2021 fertiggestellt sei, hieß es weiter. Bereits seit einigen Wochen sei man in intensiven Gesprächen mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig. "Wir stimmen gerade einen Fahrplan ab, um eine unabhängige Aufarbeitungskommission für unser Erzbistum einzurichten, die die Aufarbeitung des Umgangs mit sexualisierter Gewalt kritisch begleitet", sagte Generalvikar Markus Hofmann.
Woelki erklärte, das Gutachten nicht zu veröffentlichen, sei kein leichter Entschluss gewesen. Man habe sich mit ernstzunehmenden Warnungen renommierter Juristen auseinandersetzen" müssen, "die zu einem vernichtenden Urteil" gekommen seien. Auch bei dem Gercke-Gutachten "bleibe es das unveränderte Ziel, dass Verantwortlichkeiten untersucht und festgestellt werden und dass Namen genannt werden".
Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hatte die Veröffentlichung des seit Monaten unter Verschluss gehaltenen Gutachtens gefordert. Das Erzbistum hatte dieses bei der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl in Auftrag gegeben, nannte es jedoch wegen methodischer Mängel "untauglich" und wollte es deshalb nicht veröffentlichten. Stattdessen wurde beim Kölner Strafrechtsexperten Björn Gercke ein neues Gutachten in Auftrag gegeben, das im März vorgelegt werden soll.