Frau Meier, Sie sind seit einem Jahr bayerische Christbaumkönigin - die vergangene Weihnachtssaison verlief noch "normal", nun haben wir Corona. Wie haben sich durch die Pandemie Ihre "Regierungsgeschäfte" verändert? "Regieren" Sie nun auch vermehrt aus dem Homeoffice?
Andrea Meier: Homeoffice ist für eine Königin eher schwierig. Von daheim kann man das Amt einfach nicht so ausführen, wie man gerne möchte. Klar habe ich versucht, über Social Media mein Amt weiterzuführen und den Leuten zu zeigen, was bei uns unterm Jahr in der Christbaumkultur passiert. Aber das ist einfach nicht das gleiche. Auf einer Veranstaltung kann man das Thema regionale Christbäume den Menschen im persönlichen Gespräch viel besser näherbringen. Was mich am meisten traurig macht, ist die Absage der Saisoneröffnung, die eigentlich am 26. November stattfinden sollte.
Welche Auswirkungen hat die Corona-Pandemie auf die Christbaumanbauer?
Meier: Natürlich geht auch an uns Corona nicht spurlos vorbei. Während der Planungen für den Weihnachtsbaum-Verkauf kamen jetzt auch noch die zusätzlichen Hygieneauflagen dazu, die man erfüllen muss. Beeinträchtigt ist der Verkauf aber eher weniger. Was sich bemerkbar macht, sind die Absagen der Firmenweihnachtsfeiern, die oft auf Christbaumbetrieben stattfinden. Ich finde es schade, dass in diesem Jahr das Verhältnis zu den Kunden eingeschränkt ist. Man steht ja doch mal kurz zusammen, redet oder trinkt einen Glühwein. Das wird dieses Jahr wohl nicht möglich sein. Und das tut mir als Mensch, der gerne unter Leuten ist und das Gesellige mag, schon weh. Von Weihnachtsbaum-Lieferungen halte ich im Übrigen nichts. Das ist wie Online Dating - da passiert es ja auch selten, dass die Person vor einem steht, wie man sie vorher auf einem Foto gesehen hat.
"Wir haben den Verkauf ins Freie verlagert"
Ihre Familie hat eine Weihnachtsbaum-Plantage. Wie handhaben Sie die Hygienemaßnahmen?
Meier: Wir haben gemeinsam mit den anderen Christbaumverkäufern ein Hygienekonzept erstellt und abgestimmt. Wie in allen anderen Geschäften müssen die Kunden auch bei uns eine Mund-Nasen Bedeckung tragen. Zudem haben wir unsere Verkaufsfläche vollständig ins Freie verlagert. Die Option, dass die Kunden ihre Bäume selbst schlagen, gibt es dabei noch immer. Anhand eines Einbahnstraßensystems, Desinfektionsspendern und Hinweisschildern bescheren wir den Kunden einen sicheren Einkauf.
Die Menschen sind aufgefordert, am besten zu Hause bleiben und schon gar nicht zu verreisen. Da steigt doch die Wahrscheinlichkeit, dass sie es sich diesmal zu Hause gemütlich machen und einen Baum besorgen, oder?
Meier: Das kann gut sein. Wir haben wegen Corona auf so Vieles verzichten müssen. Von daher denke ich, dass sich mehr Menschen als sonst einen Baum ins Wohnzimmer stellen. Vielleicht vergisst man einen Moment den ganzen Corona-"Alptraum", wenn man an Heiligabend den geschmückten Baum sieht. Das wäre doch ein Funkeln in den Augen wert.
"Ein Plastikbaum kann das Erlebnis nicht ersetzen"
Auf der anderen Seite sollen die Menschen aber auch große Ansammlungen meiden, viele verlegen ihre Weihnachtsshopping-Touren daher ins Internet. Da ist der Plastikbaum nicht weit...
Meier: Das denke ich weniger. Ich war letztens in der Innenstadt bei einem Termin, da waren die Geschäfte genauso voll wie vor Corona. Ich denke, dass es die Leute jetzt erst recht nach draußen zieht, weil sie seit Monaten ihr soziales Miteinander auf ein Minimum reduziert haben. Da kann doch ein Ausflug zu unserem Betrieb "Christbaumstadl" ganz abwechslungsreich sein. Die Bestellung eines Plastikbaumes kann auch das einzige Erlebnis, das wir wahrscheinlich vor Weihnachten haben, nicht ersetzen. Zudem sollte so ein Kauf auch an dem Gewissen des Kunden nagen, denn Nachhaltigkeit oder Unterstützung der regionalen Geschäfte sieht anders aus.
Für alle Weihnachtsbaum-Anfänger, die in diesem Jahr nicht verreisen und sich daher ihre Wohnung weihnachtlich schmücken wollen. Ihr Tipp, worauf sollte man beim Baumkauf und der -pflege achten?
Meier: Das Wichtigste ist, dass der Baum aus der Region kommt und dort auch gewachsen ist. Die Sicherheit gibt das Logo auf dem Verkaufsetikett der Bayerischen Christbaumanbauer. Wann man den Baum kauft, ist jedem selbst überlassen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte seinen Baum selbst schlagen. Dann weiß man, woher der Baum kommt und wann er gefällt wurde. Am besten lagert man den Baum bis zum Fest in der Garage oder auf dem Balkon in einem Eimer Wasser. In der Wohnung sollte er nicht vor der Heizung stehen, und er sollte täglich gegossen werden. Wie er dekoriert wird, ist reine Geschmackssache. Aber man sollte auf die künstliche Spitze verzichten. Den hinter dem "perfekten Gipfel" steckt viel Arbeit.
"Die Sehnsucht nach ein paar 'normalen' Tagen hat sich angestaut"
Gibt es irgendwelche Trends?
Meier: Die Nachfragen über die Pflege und Herkunft des Baumes werden immer mehr. So langsam kommt das Thema Regionalität und Nachhaltigkeit bei den Leuten an, aber leider immer noch nicht bei allen. Im Trend liegt, wie in den letzten Jahren auch, immer noch die Nordmanntanne. Die steht bei fast 80 Prozent am 24. Dezember in den Wohnzimmern. Wahrscheinlich auch bei uns. Von einer Blaufichte konnten wir unsere Mutter noch nicht überzeugen.
Und Sie als Christbaumkönigin werden den Baum dann wahrscheinlich auch selbst schmücken, oder?
Meier: Natürlich. Diese Aufgabe gebe ich nicht aus der Hand. Ich mag es klassisch: Somit werden auch in diesem Jahr unsere roten Kugeln und Holzanhänger am Baum hängen. Feiern werden wir wohl nur im engen Familienkreis und natürlich zu Hause.
Weihnachten wird - wenn man die Debatten um mögliche Lockerungen während der Feiertage verfolgt - als Licht am Corona-Horizont gesehen. Woher kommt diese Sehnsucht?
Meier: Ich denke, die Sehnsucht nach ein paar "normalen Tagen" hat sich über das ganze Jahr bei jedem angestaut. Gerade auch nach dem ausgefallenen Osterfest. Da freut man sich doch dieses Jahr auf Weihnachten, um ein paar Stunden mit der schrecklich netten Verwandtschaft zu verbringen. Aber ich persönlich finde nicht, dass es ein Licht am Corona-Horizont ist. Wenn ich überlege, was wir vor und auch nach den Feiertagen wieder einstecken müssen - keine Skifahrten, kein Fasching, keine Schützenbälle - ist es nur eine kleine Freude bei mir. Aber ich glaube auch, dass es uns irgendwie auch mal guttut, die sogenannte "Stade Zeit" (bayerisch für "Stille Zeit", d.Red.) auch wirklich mal stad sein zu lassen. Ich finde wir sollten dieses Jahr nutzen und einmal wirklich zur Ruhe kommen.