Erfurt (epd). Der neue Stiftungsdirektor der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, strebt einen Strategiewechsel bei der Auseinandersetzung mit den Verbrechen der NS-Zeit an. So wichtig und unersetzlich das Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Diktatur auch sei, müssten doch auch die Täter und ihre Netzwerke mehr in den Blick genommen werden, sagte er am Dienstag in Erfurt. Eine der zentralen Fragen sei, anhand historischer Quellen darzulegen, warum die übergroße Mehrheit der Deutschen das Regime bis zum Schluss gestützt habe, erklärte er nach seiner Teilnahme an der Sitzung des rot-rot-grünen Kabinetts.
Ein neuer Ansatz in der Gedenkstättenarbeit beginne bei dem von ihm kritisch gesehenen Begriff der "Erinnerungskultur". Wie solle sich ein 16-Jähriger etwa in Buchenwald an etwas "erinnern", was schon seine Großeltern nicht mehr erlebt hätten, warnte der Historiker vor einer Überforderung der Besucher. Statt einer letztlich beliebigen Trauer um die Opfer müssten die heutigen Generationen dazu ertüchtig werden, sich selbst kritisch mit der Geschichte auseinandersetzen zu können.
Das setze auch neue methodische Herangehensweisen an die Gedenkstättenarbeit voraus. So sollen künftig mehr digitale Angebote sowie Wanderausstellungen die Anliegen der Gedenkstätten näher zu den Menschen bringen. Das bedeute zudem, die Zusammenarbeit mit den ehrenamtlich engagierten Thüringern zu suchen, die an vielen Orten die Erinnerung an die Außenlager der beiden großen KZs oder an die Todesmärsche zum Ende des Zweiten Weltkrieges wachhielten.