Trotz Corona-Krise weniger Menschen überschuldet

Trotz Corona-Krise weniger Menschen überschuldet
Die Neusser Wirtschaftsauskunftei Creditreform sieht angesichts der Auswirkungen der Corona-Pandemie eine "Ruhe vor dem Sturm". Deutlich mehr Leute als heute würden in naher Zukunft überschuldet sein.

Neuss (epd). Die Überschuldung der Menschen in Deutschland ist 2020 trotz Corona-Krise und deren Folgen für den Arbeitsmarkt erneut leicht gesunken. Im laufenden Jahr konnten bislang 6,85 Millionen Personen ihren finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen. Das waren 69.000 oder rund ein Prozent weniger als 2019, wie aus dem am Dienstag vorgestellten Schuldneratlas 2020 der Neusser Wirtschaftsauskunftei Creditreform hervorgeht.

Die Überschuldungsquote - der Anteil der Überschuldeten im Verhältnis zur Gesamtzahl der Erwachsenen in Deutschland - sank damit geringfügig von genau 10 auf 9,87 Prozent. Einen Grund zur Entwarnung sehen die Experten der Creditreform in dieser Entwicklung dennoch nicht. Sie befürchten vielmehr eine "Ruhe vor dem Sturm". Die staatlichen Hilfen hätten die schlimmsten sozialen Wirkungen abgemildert. Zugleich hätten die Bürger im bisherigen Verlauf der Corona-Krise mehr gespart und weniger ausgegeben.

Wegen der weiter steigenden Infektionszahlen sei ein Ende der gesundheitspolitischen und ökonomischen Krisenlage aber noch lange nicht absehbar. "Die Folgewirkungen werden für Wirtschaft, Gesellschaft und Verbraucher gravierender sein als die der Weltfinanzkrise 2008 und 2009", sagte der Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch.

Vor diesem Hintergrund sprechen die Creditreform-Experten von einer "verschleierten Überschuldungslage". So hätten im bisherigen Verlauf der Krise zwischenzeitlich bis zu 700.000 Menschen ihren Arbeitsplatz verloren. Zudem seien bis zu 7,3 Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit gewesen oder seien es weiterhin. Auch kämpften rund zwei Millionen Soloselbstständige um ihre Existenz und stünden am Rande einer Überschuldung. Die erneut verschärften Corona-Maßnahmen in diesem Monat würden die Lage weiter verschärfen.

"Die langfristigen Perspektiven für die Überschuldungsentwicklung sind besorgniserregend, da die Corona-Pandemie auch eine weitere Polarisierung von Einkommen und Vermögen bewirkt", warnte Hantzsch. Gutverdiener könnten Einkommensausfälle besser abfedern als die unteren sozialen Schichten, die keine finanziellen Rücklagen hätten und sich weiter verschulden müssten.