Göttingen, Osnabrück (epd). Der Liberal-Islamische Bund hat die geplante erste unabhängige und in deutscher Sprache angebotene Imam-Ausbildung wegen mangelnder Geschlechtergerechtigkeit kritisiert. "Mit Bedauern und Sorge stellen wir fest, dass insbesondere die Imam*innen-Funktion rein männlich gedacht wird", teilte die Vereinigung am Freitag in Göttingen mit. Die Ausbildung beim in Osnabrück ansässigen Islamkolleg Deutschland soll in wenigen Monaten starten.
Beim Begriff der Imame werde auf der Website, auf Flugblättern und Plakaten und in der Pressemitteilung durchgängig die männlich Form gewählt, kritisierte der Verband. Sonstige Begriffe wie Seelsorger und Gemeindebetreuer würden hingegen mit einem Binnen-I gegendert. Die gewählten Formulieren basierten offenkundig nicht auf Fahrlässigkeit. "Dabei ist es eine jahrhundertealte Position auch in der traditionellen Theologie, dass Frauen ebenso die Funktion des Imamats innehaben können."
Der Verband forderte, dass der Gedanke der umfassenden Geschlechtergerechtigkeit sowohl im Konzept als auch in der Ausbildung konsequent mitgedacht werden müsse und auch bei der sprachlichen Darstellung zum Ausdruck kommen müsse. Bei der öffentlichen Förderung des Projekts sei auch der Staat an die Grundrechte und die Beachtung von Geschlechtergerechtigkeit gebunden. Das Projekt erhält nach Angaben des Islamkollegs eine noch nicht bezifferbare Anschubfinanzierung aus dem Bundesinnenministerium und dem niedersächsischen Wissenschaftsministerium.
Der erste Jahrgang des Imam-Seminars soll im kommenden April mit rund 30 Teilnehmern starten. Die Ausbildung zu Imamen, Seelsorgerinnen oder Gemeindepädagogen stehe Männern und Frauen offen. Voraussetzung ist ein Bachelor-Abschluss in islamischer Theologie, der vorzugsweise bereits in Deutschland erworben wurde.