Frankfurt a.M. (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, beklagt eine Woche vor der Präsidentschaftswahl einen Verfall der demokratischen Kultur in den USA. "Grundlegende Regeln des demokratischen Diskurses gelten nicht mehr", sagte Bedford-Strohm dem evangelischen Magazin "chrismon" in einem am Montag online veröffentlichten Interview. Der Theologe, der mit einer US-Amerikanerin verheiratet ist und zahlreiche Freunde und Verwandte in den USA hat, sagte: "Argumente zählen nicht mehr, sondern hoch geputschte Gefühle, die zum Teil nichts mehr mit der Realität zu tun haben."
Viele US-Amerikaner würden nicht mehr zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden und nur das glauben, "was in ihrer eigenen Blase kommuniziert wird". "Das Weltbild von Trump-Anhängern ist durch nichts zu verunsichern, egal, was der Präsident tut", sagte der bayerische Landesbischof. "Ich kenne sehr liebenswerte, sympathische Evangelikale, von denen man sich nicht vorstellen kann, dass sie Trump wählen, einen Mann, der alles an Umgangsformen vermissen lässt und alles konterkariert, was mit Liebe zu tun hat", berichtete Bedford-Strohm. "Aber sie tun es doch."
Der EKD-Ratvorsitzende sprach von einem "Bürgerkrieg der Worte" vor der Wahl am 3. November. In einem Zeitungsartikel über Northampton County habe er gelesen, dass dort viele Menschen fürchten, dass Donald Trump die Wahl nicht akzeptiert, wenn er verliert, und dass auf der Straße Kämpfe ausbrechen könnten. "Hoffen wir, dass die Vernunft siegt", fügte Bedford-Strohm hinzu.