Halle (epd). Mit dem Läuten aller Kirchenglocken hat die Stadt Halle am Freitagmittag an den Anschlag auf die Synagoge mit zwei Toten vor einem Jahr erinnert. Das Glockengeläut erhob sich um 12.01 Uhr, dem Zeitpunkt, als vor einem Jahr die ersten Schüsse auf die Eingangstür des jüdischen Gotteshauses abgefeuert worden waren. Mehrere hundert Menschen kamen auf dem zentralen Marktplatz der Aufforderung nach, für drei Minuten innezuhalten.
Bei einem anschließenden Friedensgebet rief der evangelische Landesbischof Friedrich Kramer in der Marktkirche zur Solidarität mit der Jüdischen Landesgemeinde auf. Er entzündete zwei Kerzen für die beiden Todesopfer des Anschlags. Vor dem Gotteshaus zeichneten Männer, Frauen und Kinder aller Alterklassen und unterschiedlicher Herkunft mit Kreide eine Menschenkette auf das Pflaster. Zudem unterbrachen die Teilnehmer einer Demokratiekonferenz ihre Beratungen und demonstrierten auf dem Marktplatz mit.
Bereits zuvor war auf dem Gelände des Steintor-Campus der Luther-Universität eine Ausstellung eröffnet worden, die den Opfern des Anschlags eine Stimme geben soll. Diese würden noch immer zu wenig gehört, sagte Valentin Hacken vom Bündnis "Halle gegen Rechts". Für den späten Nachmittag wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu einer Gedenkrede in der Stadt erwartet.
Am 9. Oktober 2019 hatte ein Rechtsextremist einen Anschlag auf die Synagoge in Halle verübt. Beim Versuch, am jüdischen Feiertag Jom Kippur in das Gotteshaus einzudringen, scheiterte er und erschoss eine 40 Jahre alte Passantin und in einem Döner-Imbiss einen 20 Jahre alten Mann. Der Attentäter steht seit Juli vor Gericht.