Berlin (epd). Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, äußert sich besorgt über einen "steil ansteigenden Antisemitismus in Deutschland". "Gerade in den vergangenen zwei Jahren haben Straftaten, auch Gewalttaten, gegen Juden und jüdische Einrichtungen in Deutschland erheblich zugenommen", sagte Haldenwang dem Berliner "Tagesspiegel" (Freitag) in einem Interview zum ersten Jahrestag des Anschlags auf die Synagoge in Halle. Die Sorgen jüdischer Mitbürger seien berechtigt, dass sie auf offener Straße Opfer von Anfeindungen bis hin zu gewaltsamen Attacken werden können.
"Hier müssen Sicherheitsbehörden äußerst wachsam sein", sagte Haldenwang und fügte hinzu: "Vor allem muss der Gesellschaft ins Bewusstsein gebracht werden, gemeinsam gegen aufkommenden Antisemitismus vorzugehen." Mit Verweis auf den Attentäter von Halle sowie den Angriff auf einen Juden am vergangenen Wochenende in Hamburg sagte der Verfassungsschutzpräsident, dass den Sicherheitsbehörden "beim Rechtsextremismus nicht nur organisierte Gruppen, sondern gerade auch radikalisierte Einzeltäter große Sorgen machen".
Am 9. Oktober 2019 hatte ein Rechtsextremist einen Anschlag auf die Synagoge in Halle verübt. Beim Versuch, am jüdischen Feiertag Jom Kippur in das Gotteshaus einzudringen, scheiterte er und erschoss eine 40 Jahre alte Passantin und in einem Döner-Imbiss einen 20 Jahre alten Mann. Der Attentäter steht seit Juli vor Gericht.
Am vergangenen Sonntag war ein jüdischer Student in Hamburg von einem Mann vor einer Synagoge mit einem Klappspaten angegriffen und schwer verletzt worden. Der 29-jährige Angreifer, ein Deutscher mit kasachischen Wurzeln, wurde in eine psychiatrische Einrichtung eingewiesen.
epd kfr