Berlin, São Paulo (epd). Rund 35 Jahre nach Ende der Militärdiktatur in Brasilien wird Volkswagen Opfer des Militärregimes entschädigen. Der Vergleich wurde von der Bundesstaatsanwaltschaft in São Paulo, der Staatsanwaltschaft des Bundesstaates São Paulo, dem brasilianischen Arbeitsministerium und Volkswagen unterzeichnet, wie das Unternehmen am Donnerstag in Wolfsburg mitteilte. Dem Autohersteller wird vorgeworfen, während der Militärdiktatur in Brasilien (1964 bis 1985) aktiv mit dem Regime zusammengearbeitet zu haben.
Die Vereinbarung sieht Zahlungen von umgerechnet rund 5,6 Millionen Euro vor. Davon sollen unter anderem Projekte zur Aufarbeitung der Vergangenheit und von Menschenrechtsverletzungen gefördert werden. Zusätzlich spendet der Konzern umgerechnet rund 2,6 Millionen Euro an die Vereinigung der Arbeiter Volkswagen. Davon gehe der größte Teil an ehemalige VW-Mitarbeiter oder deren Nachfahren, die Menschenrechtsverletzungen erlitten hätten, teile der Konzern mit.
"Wir bedauern die Verletzungen, die in der Vergangenheit passiert sind", wird Hiltrud Werner, im VW-Vorstand zuständig für Integrität und Recht, zitiert. "Für die Volkswagen AG ist es wichtig, verantwortungsvoll mit diesem dunklen Kapitel in der Geschichte Brasiliens umzugehen und Transparenz zu fördern."
Eine Studie des Historikers Christopher Kopper von der Universität Bielefeld hatte ergeben, dass der VW-Werkschutz Oppositionsaktivitäten von Beschäftigten überwachte und so auch die Verhaftung von mindestens sieben Mitarbeitern sowie Misshandlungen von Beschäftigten förderte. Der bekannteste Arbeiter war Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, der zu dieser Zeit Gewerkschaftsführer war. Auch Lula wurde vom Werkschutz observiert, diese Informationen führten dann zu seiner Verhaftung.
2014 hatte die brasilianische Wahrheitskommission in ihrem Bericht Volkswagen vorgeworfen, einen Unterdrückungsapparat aufgebaut und systematisch mit der Geheimpolizei zusammengearbeitet zu haben. Nach dem öffentlichen Druck beauftragte der Autobauer eine unabhängigen Aufarbeitung. Opfer hatten bereits 2015 in Brasilien Zivilklage gegen das Unternehmen eingereicht. Zwölf ehemalige Mitarbeiter waren laut Klageschrift festgenommen und gefoltert worden. Dutzende Mitarbeiter seien auf schwarzen Listen geführt und entlassen worden.
Die Jahre der Militärdiktatur waren für Volkswagen wirtschaftlich sehr erfolgreich. Rund 28.000 Mitarbeiter beschäftigte der Autobauer in seinem Werk in São Bernardo do Campo in der Nähe von São Paulo zu dieser Zeit.