Düsseldorf (epd). 30 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung haben Frauen laut einer Studie nach wie vor deutlich schlechtere Einkommens- und Karrierechancen als Männer. Dabei sei der Abstand zwischen den Geschlechtern in den neuen Bundesländern geringer als im Westen, heißt es in der am Dienstag in Düsseldorf veröffentlichten Erhebung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Zwar habe es in den vergangenen 30 Jahren Fortschritte gegeben. Doch es gehe nur langsam voran, erklärte die Co-Autorin der Studie, Aline Zucco.
Nach wie vor liege der durchschnittliche Stundenlohn von Frauen in Westdeutschland 21 Prozent unter dem von Männern, heißt es in der Studie anlässlich des 30. Jahrestages der Deutschen Einheit am 3. Oktober. Damit sei der Einkommensunterschied fast dreimal so hoch wie in den neuen Bundesländern, wo Frauen im Durchschnitt 6,7 Prozent weniger verdienten als Männer. Diese geringere Differenz im Osten sei aber unter anderem auch dem dort allgemein niedrigeren Einkommensniveau geschuldet.
Ein Grund für die Einkommensunterschiede ist der Studie zufolge die höhere Teilzeitquote von Frauen. Während mit 48,6 Prozent annähernd die Hälfte der westdeutschen Frauen in Teilzeit arbeitet, sind es im Osten mit 34,7 Prozent deutlich weniger. Zudem arbeiteten Frauen häufiger als Männer in Dienstleistungsberufen, die zwar während der Corona-Krise als systemrelevant eingestuft wurden, aber vergleichsweise schlecht bezahlt werden. In Führungspositionen hingegen sind Frauen nach wie vor in der Unterzahl. In Westdeutschland ist laut der Untersuchung nur eine von vier Stellen in Chefetagen von einer Frau besetzt, in Ostdeutschland eine von drei Stellen.
Insgesamt sind der Studie zufolge in Deutschland allerdings deutlich mehr Frauen berufstätig als noch vor 30 Jahren. In den alten Bundesländern liege die Erwerbstätigenquote von Frauen mit 71,6 Prozent acht Prozentpunkte unter der von Männern. 1991 sei die Differenz noch dreimal so groß gewesen. Im Osten seien knapp 74 Prozent der Frauen berufstätig. Damit sank der Abstand gegenüber Männern in diesem Zeitraum von knapp zwölf auf vier Prozentpunkte.
Die Autoren fordern von der Politik zu handeln, um die Gleichstellung von Frauen zu beschleunigen. Unter anderem empfehlen sie einen Ausbau der Betreuung für Kleinkinder, verpflichtende Frauenquoten in Unternehmens-Vorständen sowie die Abschaffung des Ehegatten-Splittings.