Berlin (epd). Vertreter aus der Politik haben den Zentralrat der Juden in Deutschland als wichtige moralische Instanz und mahnende Stimme gewürdigt. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) erklärte am Montag zum Festakt anlässlich des 70-jährigen Bestehens des Zentralrats am Dienstag in Berlin, die Organisation "entscheidend dazu beigetragen, dass sich jüdische Menschen in Deutschland wieder willkommen fühlen". Dies sei leider immer noch keine Selbstverständlichkeit, gerade angesichts aktueller antisemitischer Hetzparolen und gewaltsamer Übergriffe. Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden der Katrin Göring-Eckardt und Anton Hofreiter dankten dem Zentralrat für den entschlossenen Einsatz für jüdisches Leben in Deutschland.
Zu dem Festakt im Innenhof der Neuen Synagoge Berlin - Centrum Judaicum sind unter anderen Zentralratspräsident Josef Schuster, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie weitere geladene Gäste aus Politik und Gesellschaft angekündigt. Der Zentralrat der Juden wurde am 19. Juli 1950 in Frankfurt am Main gegründet. Derzeit gehören ihm nach eigenen Angaben 105 jüdische Gemeinden mit rund 100.000 Mitgliedern an.
Grütters betonte, "als sich der Zentralrat der Juden vor 70 Jahren gründete, lag vor Deutschland ein langer Weg der Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Barbarei". Dieser langwierige Prozess habe den Deutschen das zivilisatorische Versagen während der Diktatur klar vor Augen geführt: "Zugleich hat er unsere gesellschaftliche Widerstandskraft gegen Antisemitismus und Rassismus gestärkt", sagte die CDU-Politikerin.
Göring-Eckardt und Hofreiter sprachen dem Zentralrat ihren Dank für seinen Einsatz beim Wiederaufbau und der Stärkung des jüdischen Lebens in Deutschland nach 1945 aus. "Wir schätzen uns glücklich, dass 75 Jahre nach den nationalsozialistischen Gräueltaten jüdisches Leben heute wieder ein zentraler Bestandteil unserer Gesellschaft ist", erklärten die Grünen-Politiker. Sie forderten ein konkretes Handeln gegen Antisemitismus: "Jüdinnen und Juden müssen in Deutschland sicher leben können."
Der Antisemitismusbeauftragte der FDP-Fraktion, Benjamin Strasser, sagte, das Judentum sei in der deutschen Gesellschaft wieder fest verankert. Seine Strahlkraft sei maßgeblich dem 70-jährigen Wirken des Zentralrats zu verdanken. "Er war, ist und bleibt wichtiger Begleiter öffentlicher Debatten und mahnende Stimme für die Aufarbeitung des deutschen Menschheitsverbrechens der Schoa", erklärte Strasser in Berlin. Es sei beschämend, "dass der Antisemitismus im Jubiläumsjahr des Zentralrats wieder seine hässliche Fratze zeigt und Juden zunehmenden Anfeindungen und gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt sind".
Die frühere Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch sagte, die Organisation sei aus den öffentlichen Debatten hierzulande nicht mehr wegzudenken. Das Gremium habe sich zusammen mit der Bundesrepublik in den vergangenen Jahrzehnten "immer wieder neu erfunden und das jüdische Leben Deutschlands gestützt und bereichert", erklärte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern. "Ohne ihn wäre unser Land nicht, was es ist."
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