Berlin (epd). Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch beurteilt die Forderungen nach einer Verkürzung der Arbeitszeit skeptisch. "Millionen Menschen mit niedrigen Löhnen kommen schon heute kaum über die Runden", sagte Bartsch den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online: Samstag, Print: Montag). Für sie bedeute eine Verkürzung der Arbeitszeit in der Regel Abstieg und Armut. "Wo die Arbeitszeit schrumpft, tun dies leider in der Regel auch die Löhne." Er teile hier die Befürchtung vieler: "Vier Tage Arbeit und freitags zum Sozialamt."
Die Corona-Krise werde "noch mit Wucht auf den Arbeitsmarkt durchschlagen", warnte der Linken-Politiker. Der Schwerpunkt muss seiner Ansicht nach die Arbeitsplatzsicherung sein. Wo dies möglich sei und die Zustimmung der Beschäftigten habe, könne die 30-Stunden-Woche zwar eine Antwort sein, erklärte Bartsch. "Ich warne allerdings vor pauschalen Vorschlägen." Zugleich mahnte er eine zügige Anhebung des Mindestlohns auf mindestens zwölf Euro an. Die Parteivorsitzende der Linken, Katja Kipping, hatte eine 30-Stunden-Woche ins Spiel gebracht.
SPD-Chef Norbert Walter-Borjans zeigte dagegen Sympathie für den Vorstoß Kippings. "Warum sollte man darüber nicht reden, natürlich unter Beachtung der Tarifautonomie", sagte Walter-Borjans den Funke-Zeitungen (Samstag). Auch begrüßte er den Vorschlag des IG-Metall-Chefs Jörg Hofmann, zur Rettung von Arbeitsplätzen eine Vier-Tage-Woche mit einem "gewissen Lohnausgleich" einzuführen. Es müsse aber keine starre Lösung sein. "Wir sollten über flexible Arbeitszeitmodelle sprechen, die in Tarifverhandlungen vereinbart werden - passgenau für die jeweilige Branche", erklärte Walter-Borjans.
"Wir müssen darüber nachdenken, wie man weniger Arbeit gerecht verteilt", forderte Walter-Borjans. Die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen dürfe dabei "kein vorgeschobenes Argument sein, um Arbeitszeitverkürzung zu verhindern".