Berlin, Bogotá (epd). 1.000 Menschenrechtsverteidiger sind in Kolumbien seit dem offiziellen Ende des Bürgerkrieges 2016 bislang ermordet worden. Allein in diesem Jahr wurden bereits 194 Aktivisten umgebracht, wie das Institut für Entwicklung und Frieden (Indepaz) am Montag (Ortszeit) bekanntgab. Dabei handelt es sich in der Mehrheit um Bauern, Ureinwohner und Afro-Kolumbianer, die in Gebieten leben, die von paramilitärischen Banden und der Drogenmafia kontrolliert werden. Laut der Vertretung der UN-Menschenrechtskommission in Kolumbien ist die fehlende Sicherheit die größte Herausforderung im Friedensprozess.
Die Sicherheitslage hat sich während der Corona-Pandemie in vielen Gebieten des Landes nochmals verschlechtert. In den vergangenen Tagen gab es insgesamt sechs Massaker mit mindestens 33 Toten, wie die Tageszeitung "El Tiempo" berichtet. Bei den Opfern soll es sich größtenteils um Jugendliche und Indigene handeln. Am Sonntag wurden in der Provinz Antioquia im Nordwesten des Landes drei junge Männer ermordet.
Laut Indepaz gab es in diesem Jahr bereits 45 Massaker, bei denen insgesamt 182 Menschen getötet wurden. Die meisten Opfer gab es in den Provinzen Antioquia (9 Tote), in Nariño an der Grenze zu Ecuador (7 Tote) sowie in Cauca (7 Tote). In allen Gebieten bedrohen paramilitärische Einheiten und Drogenbanden die Bevölkerung.
Die nach dem Friedensvertrag mit der Farc 2016 einzige noch aktive Guerilla ELN ist überwiegend im Osten des Landes an der Grenze zu Venezuela aktiv. Während der Pandemie hatte die ELN eine Waffenruhe angeboten und Kolumbiens Präsidenten Iván Duque aufgefordert, die Friedensgespräche wieder aufzunehmen. Duque hatte als Bedingung für Verhandlungen festgelegt, dass die ELN alle Geiseln freizulassen und ihre kriminellen Aktivitäten einzustellen habe.
Bei dem seit mehr als 50 Jahren andauernden Konflikt in Kolumbien zwischen staatlichen Kräften, linken Guerillagruppen und rechten Paramilitärs wurden mehr als 260.000 Menschen getötet, etwa sieben Millionen wurden vertrieben. Etwa 80.000 Kolumbianer gelten als vermisst. Das Land ist bis heute zerrissen.