Experten uneins über Wirkung der Verlängerung von Kurzarbeit

Experten uneins über Wirkung der Verlängerung von Kurzarbeit
Die Koalitionsspitzen wollen über eine Verlängerung der Kurzarbeit in der Corona-Krise entscheiden. Gewerkschaftsnahe Experten halten das für gut, während das Institut der Wirtschaft zielgenauere Hilfen für die Unternehmen fordert.

Düsseldorf, Köln (epd). Die Pläne der Regierungskoalition zur Verlängerung des Kurzarbeitergeldes während der Corona-Krise stoßen bei Wirtschafts-Experten auf gegensätzliche Einschätzungen. Der wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, Sebastian Dullien, unterstützte die Pläne. "Bestimmte Branchen und Unternehmen werden weiter unter mangelndem Umsatz leiden, auch wenn ihr Geschäftsmodell eigentlich gesund ist", sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Kurzarbeit helfe, wertvolle Wirtschaftsstrukturen durch die Krise zu bringen und Beschäftigung zu sichern.

Demgegenüber kritisierte der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, die geplante Verlängerung als voreilig und sagte der "Rheinischen Post" (Montag): "Ich sehe jetzt keinen Entscheidungsdruck." Die Kurzarbeitszahlen gingen zurück und die Konjunkturdaten besserten sich, erklärte Hüther und forderte zielgenaue Hilfen für Unternehmen.

Die Koalitionsspitzen wollen am Dienstag über Vorschläge von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) beraten, wie das Bundesarbeits- und -wirtschaftsministerium am Montag in Berlin bestätigten. Heil will die Laufzeit für Kurzarbeit um ein Jahr auf zwei Jahre verlängern und sieht sich darin von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem CSU-Vorsitzenden Markus Söder unterstützt, wie er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Montag) sagte. Außerdem will Heil den erleichterten Zugang zu Kurzarbeit und die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes bis ins Jahr 2021 verlängern. Bisher gelten die Änderungen bis Ende dieses Jahres.

Dullien vom Institut der Böckler-Stiftung unterstützte den SPD-Politiker und sagte, Kurzarbeit sei im Verhältnis zu anderen in der Corona-Krise beschlossenen Maßnahmen "recht günstig." Es müssten zudem nicht nur die Kosten der Kurzarbeit, sondern auch ihr Nutzen betrachtet werden: "Wer in Kurzarbeit ist, ist nicht arbeitslos und kostet den Staat damit auch kein Arbeitslosengeld." Außerdem helfe das Kurzarbeitergeld, die Konjunktur zu stabilisieren und sichere so künftige Einnahmen von Steuern und Sozialabgaben.

IW-Direktor Hüther erklärte dagegen, je unterschiedlicher die Lage in den Betrieben sei, desto weniger seien Breitbandanwendungen passend, die zusätzlich bis zu zehn Milliarden Euro kosteten. Er halte andere Maßnahmen wie Eigenkapitalhilfen und einen unbegrenzten Verlustrücktrag für zielführender, sagte Hüther. Die Zahl der Kurzarbeiter in Deutschland hatte im Mai einen Höchststand von 6,7 Millionen erreicht. Seither ist sie Schätzungen der Bundesagentur für Arbeit zufolge wieder rückläufig.

Arbeitsminister Heil will auch die Erstattung der Sozialbeiträge auf das Kurzarbeitergeld verlängern, wie er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte. Sie werden derzeit vollständig von der Bundesagentur übernommen, während sie normalerweise größtenteils von den Arbeitgebern getragen werden müssen. Außerdem will Heil Betrieben finanzielle Anreize bieten, Kurzarbeit verstärkt mit Weiterbildung zu kombinieren.

epd lwd/mj/bm mih