Frankfurt a.M. (epd). In dem Prozess um den erschossenen Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke hat der Hauptangeklagte Stephan E. seine Mordabsicht bestätigt. In einer erneuten Befragung führte er am Freitag vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main seine jüngsten Angaben vom vergangenen Mittwoch weiter aus. Zunächst hatte er über sich und den Mitangeklagten Markus H. ausgesagt, "Lübcke einzuschüchtern, ihn zu schlagen, das war die Absicht". Auf Nachfragen hatte er dann angegeben, "es war vereinbart, auf jeden Fall auf Herrn Lübcke zu schießen".
Die beiden Männer stehen seit Mitte Juni vor Gericht. Stephan E. wird vorgeworfen, aus einer rechtsradikalen Gesinnung heraus in der Nacht vom 1. auf den 2. Juni vergangenen Jahres Lübcke auf der Terrasse von dessen Wohnhaus im nordhessischen Wolfhagen-Istha erschossen zu haben. Dem Angeklagten Markus H. wird Beihilfe zu Last gelegt. Lübcke war wegen seines Einsatzes für die Aufnahme von Flüchtlingen öffentlich angefeindet worden.
Der Vorsitzende Richter Thomas Sagebiel fragte E. am Freitag nach dem Widerspruch, zwar falsche Nummernschilder an sein Auto geschraubt zu haben, aber unmaskiert in Lübckes Garten eingedrungen zu sein. "Es wäre logisch gewesen, keine Maske zu tragen, wenn Sie vorgehabt hätten, ihn zu erschießen. Haben Sie das besprochen?" E. gab zu: "Ja, so ist es. Wir haben es vorher besprochen."
Er und H. hätten die Tat schon Mitte April geplant, schilderte der Hauptangeklagte und berichtete erneut vom Verlauf der Tatnacht. Auf der Rückfahrt habe H. gesagt, dass sie alle ihre Waffen vergraben müssten. Auch hätten sie besprochen, ihre Chats über den Messengerdienst Threema zu löschen.
E. berichtete weiter, einen Arbeitskollegen gebeten zu haben, während des Vergrabens seiner Waffen auf dem Firmengelände aufzupassen. Einen anderen befreundeten Kollegen habe er gebeten, ihm ein Alibi für den Abend zu geben. Er habe diesem nur gesagt: "Ich habe Blödsinn gemacht, es ist etwas passiert", den Namen Lübcke habe er nicht erwähnt.
In der weiteren Befragung schilderte Stephan E., wie er H. in der rechtsradikalen Szene 2003 kennenlernte. Seit etwa 2011 sei das Verhältnis enger und freundschaftlich geworden. H. habe ihn zum Schützenverein mitgenommen, zuerst zum Bogenschießen, dann zum Schießen mit Luftgewehr, und dann mit scharfen Waffen. Sie hätten sich viel über Politik unterhalten. "Die Gespräche haben sich immer weiter radikalisiert."
E. berichtete, dass er ab 2015 Waffen von H. und vermittelt durch diesen von einem Flohmarkt-Händler kaufte. Von diesem hatte er 2017 die Tatwaffe erworben. "Wir wollten Waffen horten für den bevorstehenden Bürgerkrieg", sagte E. Gemeinsam mit H. und alleine habe er im Wald Zielschießen geübt. Mit der späteren Tatwaffe habe er bei einer Übung mit H. auf eine Zielscheibe mit dem Bild der Bundeskanzlerin geschossen.