Dubai, Colombo (epd). Sri Lanka wählt ein neues Parlament: Die wegen der Corona-Pandemie verschobene Abstimmung im südasiatischen Inselstaat an diesem Mittwoch gilt als Stimmungstest für Präsident Gotabaya Rajapaksa. Der 71-Jährige hatte das Parlament bereits Anfang März aufgelöst, nachdem er im November 2019 einen klaren Wahlsieg errungen hatte. Doch wegen der Corona-Pandemie wurde der für April geplante Urnengang verschoben.
Die Abstimmung ist aber auch ein Test, wie Wahlen während der Corona-Pandemie sicher abgehalten werden können. Die srilankische Wahlkommission hat Probe-Abstimmungen veranstaltet, um Wege zu finden, das Risiko für die Wähler und Wählerinnen bei der Stimmabgabe gering zu halten. Sri Lanka hat laut der Johns Hopkins Universität bis Dienstag lediglich 2.828 Corona-Infektionen und elf Todesfälle durch Covid-19 gemeldet.
Zur Wahl treten 70 Parteien und 313 unabhängige Gruppen an. Um die 225 Parlamentssitze bewerben sich 7.452 Kandidaten. Als Favorit der gut 16 Millionen registrierten Wähler gilt die neue Partei SLPP, die Rajapaksa bei der Präsidentenwahl im November unterstützt hatte. Die Partei wird vom älteren Bruder des Präsidenten, Mahinda Rajapaksa, geleitet, der Ministerpräsident ist und bis 2015 ein Jahrzehnt lang Staatschef war. In seiner Amtszeit besiegte er 2009 die Rebellen der tamilischen Minderheit und beendete den seit 1983 dauernden Bürgerkrieg, in dem bis zu 100.000 Menschen starben.
Die Rajapaksa-Brüder und ihre Partei bauen auf die Unterstützung der mehrheitlich singhalesisch-buddhistischen Mehrheit, der rund drei Viertel der 21 Millionen Einwohner angehören. Obwohl dem Rajapaksa-Clan Menschenrechtsverletzungen und Korruption vorgeworfen wird, haben andere Parteien einen schweren Stand. Denn den Rajapaksas wird ein gutes Management der Corona-Krise bescheinigt.
Trotz der Corona-Pandemie hat die Wahlkommission die Briefwahl nicht ausgeweitet. Wie bisher können nur Wahlhelfer per Post abstimmen. Doch die in Sri Lanka üblichen volksfestartigen Wahlkundgebungen sind diesmal zahmen Versammlungen von kleinen Gruppen gewichen. Viele Kandidaten nutzten Online-Medien, um für sich zu werben, vor allem Facebook. Zum Wahltag sollen knapp 13.000 Wahllokale geöffnet sein. Die Wahlbeteiligung in Sri Lanka liegt traditionell hoch bei etwa 70 Prozent. Ob es dieses Mal auch so sein wird, ist unklar.