Oswiecim (epd). 75 Jahre nach der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz haben Vertreter von Juden, Christen sowie der Sinti und Roma dort gemeinsam an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Eine deutsche Delegation mit Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), des Zentralrats der Juden und des Zentralrats der Sinti und Roma nahm am Sonntag an einer Gedenkzeremonie der Sinti und Roma im ehemaligen "Zigeunerlager" Auschwitz-Birkenau teil. Der 2. August ist der vom Europäischen Parlament initiierte Europäische Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma.
Am 2. August 1944 seien die letzten im Lager lebenden 4.300 Sinti und Roma ermordet worden, sagte Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats der Sinti und Roma. "Wir gedenken heute aller Opfer", sagte Rose, an die im Holocaust ermordeten 500.000 Sinti und Roma und sechs Millionen Juden. Für die wenigen Überlebenden sei es bis heute eine Verpflichtung, die Erinnerung an dieses Verbrechen und das Gedenken an die Opfer zu bewahren. Der Hass gegen Minderheiten breite sich heute wieder aus. Daher sei es nach diesem Menschheitsverbrechen eine Pflicht, heute gegen jede Form von Nationalismus und Rassismus die Stimme zu erheben, appellierte er.
Sinti und Roma seien seit über 700 Jahren in Europa ansässig. Rose: "Die Nazis haben uns ausgegrenzt, die Staatsbürgerschaft genommen, uns deportiert und ermordet." Es gebe in Europa keine Familie von Sinti und Roma und Juden, die in der NS-Zeit keine Familienmitglieder verloren hätten, das bezeuge der Ort Auschwitz, so Rose.
Der Präsident des Verbands der Sinti und Roma in Polen, Roman Kwiatkowski, sprach von einem "archaischen Nationalismus", der sich wieder ausbreite, als ob Auschwitz nie stattgefunden hätte. Es sei eine Wiedergeburt des Rassenhasses. "Wir können nicht die kleinen Formen von Rassismus ignorieren", sagte er am Sonntag in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau.
Am Sonntag legten der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sowie Romani Rose im Konzentrationslager Kränze nieder. Es ist das erste Mal, dass Protestanten zusammen mit Juden und Sinti und Roma an historischer Stätte gemeinsam der Opfer des Nationalsozialismus gedachten.