Düsseldorf (epd). Der Chef der Mindestlohnkommission, Jan Zilius, geht von einer hohen Zahl von Firmen aus, die den Mindestlohn unterlaufen. "Wir wissen leider nicht genau, wie viele Unternehmen den Mindestlohn umgehen. Wir müssen von einer hohen Dunkelziffer ausgehen", sagte Zilius der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Dienstag). Faktisch werde der Mindestlohn meistens durch nicht abgegoltene Überstunden oder eine fehlerhafte Erfassung der Arbeitszeit unterlaufen.
"Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls kann im Moment flächendeckend gar nicht in alle Kleinstbetriebe hineinschauen", sagte Zilius. Der geplante Stellenaufbau müsse zügig umgesetzt werden. "Es ist auch wichtig, dass der Zoll bei seinen Kontrollen stärker diejenigen Branchen und Beschäftigungsformen in den Fokus nimmt, in denen der Mindestlohn eine besonders hohe Relevanz hat", forderte der Vorsitzende der Mindestlohnkommission.
Zilius warnte zugleich vor einem schnellen Anstieg des Mindestlohns. "Von heute auf morgen den Mindestlohn auf zwölf Euro anzuheben, wäre höchst problematisch", sagte er der Zeitung. "Wir würden mit einer zu schnellen Erhöhung auf zwölf Euro die Tarifverhandlungen für untere Lohngruppen obsolet machen", erläuterte er, da laufende Tarifverträge überholt würden. Hier sei "sicher in den letzten Jahren politisch noch mehr Druck in den Kessel gekommen", sagte der Jurist Zilius. Trotzdem sei die Kommission weiter unabhängig.
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will im Herbst Reformvorschläge für das Mindestlohngesetz vorlegen, um zu erreichen, dass die Lohnuntergrenze schneller angehoben wird. Der Mindestlohn soll in den kommenden beiden Jahren in vier Schritten von derzeit 9,35 Euro auf 10,45 Euro pro Stunde steigen.
Die Mindestlohnkommission berät alle zwei Jahre über die Anpassung des Mindestlohns. Sie orientiert sich dafür an der Tarifentwicklung und berücksichtigt die wirtschaftliche Lage.
epd kfr