Wiesbaden (epd). Hessen hat einen neuen Landespolizeipräsidenten. Drei Tage nach dem Rücktritt des bisherigen Amtsinhabers Udo Münch stellte Innenminister Peter Beuth (CDU) am Freitag Roland Ullmann als neuen obersten Polizisten des Landes vor. Der bisherige Präsident des Polizeipräsidiums Südost in Offenbach nannte die Aufklärung der Affäre um Drohmails an prominente Frauen seine "oberste Priorität". Zugleich stellte Minister Beuth einen neuen Maßnahmenkatalog dazu vor.
Münch hatte mit seinem Rücktritt am Dienstag die Verantwortung für Informationspannen übernommen. So hatte Beuth nach eigenen Angaben erst am Mittwoch vergangener Woche erfahren, dass persönliche Informationen über die hessische Linken-Fraktionsvorsitzende Janine Wissler aus einem Wiesbadener Polizeicomputer abgerufen worden waren. Die Politikerin hatte kurz darauf mit "NSU 2.0" gezeichnete Mails mit Todesdrohungen bekommen, wie sie vor zwei Jahren bereits erstmals an die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz verschickt worden waren.
Inzwischen gingen derartige Drohmails auch an andere Personen, darunter Journalistinnen, die Berliner Kabarettistin Idil Baydar und weitere Linken-Politikerinnen. Auch bei Basay-Yildiz und Baydar waren zuvor persönliche Daten aus Polizeicomputern in Frankfurt und Wiesbaden abgerufen worden.
Beuth und Ullmann berichteten, dass bereits erste Maßnahmen umgesetzt werden, um eine solche unberechtigte Abfrage persönlicher Daten zu erschweren. Jeder Polizeibeamte erhalte jetzt einen neuen Sicherheitscode für den Zugang in das entsprechende Computersystem und müsse sich schriftlich zu dessen Geheimhaltung verpflichten. Die Passwörter würden alle drei Wochen zurückgesetzt, und der Bildschirm werde bei Nichtnutzung nach drei Minuten gesperrt. Bei Personen des öffentlichen Lebens müsse zudem der Vorgesetzte eingeschaltet werden und gelte das Vier-Augen-Prinzip. Mittel- bis langfristig sollen auch biometrische Merkmale wie der Fingerabdruck Voraussetzung für solche Abfragen sein.
Zudem sollen der Datenschutz auf allen Ebenen der Polizei gestärkt und eine Bundesratsinitiative zur Strafverschärfung bei Bedrohungen geprüft werden. Weiter ist die Einsetzung einer unabhängigen Expertenkommission geplant, die ein neues Leitbild der hessischen Polizei erarbeiten und deren Strukturen überprüfen soll. Ullmann setzte zudem einen Verfahrensreferenten als zentralen Ansprechpartner im Landespolizeipräsidium für Ermittlungen zu der Drohmailaffäre ein.
Der neue Landespolizeipräsident Ullmann hat sich bereits mit dem zur Aufklärung eingesetzten Sonderermittler getroffen und ihm jedwede - auch personelle - Unterstützung zugesichert. Er sei überzeugt, dass die seit zwei Jahren währenden Ermittlungen auch bisher professionell, geführt worden seien, sagte der 62-Jährige. Er erhoffe sich von dem Sonderermittler aber einen neuen Blick und sei optimistisch, dass der oder die Urheber der Drohmails ausfindig gemacht würden.