Genf (epd). Drei Frauen und fünf Männer kandidieren für den Posten des Generaldirektors der krisengeplagten Welthandelsorganisation (WTO). Die Bewerber und Bewerberinnen müssten sich nun den 164 Mitgliedsstaaten vorstellen, bestätigte WTO-Sprecher Dan Pruzin dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Donnerstag in Genf. Die erste Gesprächsrunde werde in der kommenden Woche stattfinden. Die WTO-Spitzenposition für die nächsten vier Jahre soll im Konsens bestimmt werden, es kann aber auch zu einer Stichwahl kommen.
Am Mittwoch war die Bewerbungsfrist abgelaufen. Der seit 2013 amtierende Generaldirektor, der Brasilianer Roberto Azevêdo (62), scheidet am 31. August vorzeitig aus, während die WTO vor großen Herausforderungen steht. Die Corona-Pandemie führte zu einem starken Einbruch des Welthandels. Protektionismus und Handelskriege untergraben die Globalisierung, und die 2001 gestartete Welthandelsrunde wurde nicht zu Ende geführt. Vor allem die Entwicklungsländer hätten von einem neuen Welthandelsvertrag profitieren sollen.
Die WTO wurde 1995 gegründet, um Regeln für den weltweiten Handel mit Waren und Dienstleistungen zu vereinbaren und zu überwachen. Sie muss allerdings gegen einen zunehmenden Bedeutungsverlust ankämpfen.
Die Kandidatinnen und Kandidaten für die WTO-Chefposition kommen aus Nigeria, Ägypten, Mexiko, Moldawien, Südkorea, Großbritannien, Saudi-Arabien und Kenia:
- Die Nigerianerin Ngozi Okonjo-Iweala (66) war die erste Finanzministerin und vorübergehende Außenministerin ihres Landes stieg bei der Weltbank zum Managing Director auf.
- Der ägyptische Anwalt Abdel-Hamid Mamdouh (67) bekleidete bereits hohe Positionen in der WTO und gilt als Insider auf den verschlungenen Pfaden der Handelsdiplomatie.
- Der Mexikaner Jesús Seade (73) diente nach der Gründung der WTO als Vize-Generaldirektor, er vertrat sein Land bei den Beratungen über das neue Handelsabkommen mit den USA und Kanada.
- Moldawien nominierte den Youngster im Feld, Tudor Ulianovschi (37). Der frühere Außenminister trieb die wirtschaftliche Öffnung des osteuropäischen Staates voran.
- Südkorea setzt auf Handelsministerin Yoo Myung-hee. Die 53-jährige will ihre Karriere in Genf krönen: als WTO-Generaldirektorin.
- Kurz vor Ende der Bewerbungsfrist nominierte Großbritannien den ehemaligen Handelsminister Liam Fox (58). Der Konservative machte sich für den Austritt seines Landes aus der EU stark.
- Auch Saudi-Arabien wartete bis zum letzten Tag und reichte die Bewerbung von Mohammad Maziad Al-Tuwaijri ein. Der ehemalige Wirtschafts- und Planungsminister dient derzeit als Berater des königlichen Hofes.
- Kenia setzte die Sport-, Erbe- und Kulturministerin Amina C. Mohamed (58) auf die Bewerberliste. Mohamed vertrat Kenia schon als Außenministerin und sie kennt sich bestens bei der WTO aus, wo sie sich als Botschafterin für ihr Land einsetzte.