Genf, Addis Abeba (epd). Unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen ist in Äthiopien der politische Sänger und Aktivist Hachalu Hundessa beigesetzt worden. Überschattet wurde das am Donnerstag live im Staatsfernsehen übertragene Begräbnis von anhaltenden Spannungen in der Hauptstadt Addis Abeba und der umgebenden Oromia-Region. Bei den Unruhen, die unmittelbar nach Hundessas gewaltsamem Tod am Montag begonnen hatten, kamen nach Polizeiangaben bisher 81 Menschen ums Leben. Nach berichten der Zeitung "Addis Standard" waren 78 der Opfer Zivilisten, darunter auch ein Verwandter des Sängers.
Bei der Begräbniszeremonie im Fußballstadion von Hundessas Heimatstadt Ambo wies dessen Vater Vorwürfe zurück, die Regierung von Ministerpräsident Abiy Ahmed habe etwas mit dem Tod seines Sohnes zu tun. Demonstranten hatten versucht, die Überführung von Hundessas Leichnam nach Ambo zu verhindern. 35 Menschen wurden deshalb festgenommen, unter ihnen auch Jawar Mohammed, ein Medienunternehmer und Oppositioneller. Der Präsident der Oromia-Region, Shimelis Abdissa, kündigte an, ein Denkmal für den Sänger in der Hauptstadt Addis Abeba errichten zu wollen.
Hintergrund der Unruhen sind seit längerem wachsende Spannungen zwischen Oromo-Nationalisten und Ministerpräsident Abiy Ahmed, der selber Oromo ist. Hundessas Songs galten als "Soundtrack" der Oromo-Proteste, die 2018 zum Sturz der Regierung von Ministerpräsident Hailemariam Desalegn und der Amtsübernahme durch Abiy geführt hatten. Der festgenommene Oppositionspolitiker Jawar Mohammed, in dessen Fernsehsender zahlreiche Kritiker des Ministerpräsidenten zu Wort kommen, wirft Abiy vor, sich zu wenig um die Belange der Oromo zu kümmern und spricht sich für eine Unabhängigkeit der Region aus.