Berlin (epd). Nach den Corona-Ausbrüchen in deutschen Schlachthöfen will die EU-Kommission gegen schlechte Arbeitsbedingungen in der Fleischbranche vorgehen. EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit kündigte in den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Online/Montag) Leitlinien an, mit denen die Umgehung von EU-Sozialstandards europaweit verhindert werden solle. Falls sich die Praxis der Unternehmen dadurch nicht ändere, "werden wir prüfen müssen, ob wir gegebenenfalls mit einer Richtlinie dagegen vorgehen".
Andere EU-Mitgliedsländer hätten bereits vor Jahren Beschwerden über die deutsche Fleischindustrie wegen unlauteren Wettbewerbs eingereicht, sagte Schmit. "Aber sozial schlecht abgesicherte und diskriminierte Saisonarbeitern gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen EU-Staaten, etwa in den Niederlanden oder in Südeuropa." Nach einer Übersicht der EU-Behörde für Krankheitsbekämpfung, aus der die Funke-Blätter zitieren, wurden in den vergangenen Wochen in mehreren europäischen Staaten Corona-Ausbrüche in Schlachthöfen und Fleischfabriken registriert, darunter in Irland, Spanien und Großbritannien.
Schmit kritisierte eine fragwürdige Vorgehensweise von Unternehmen, die Saisonarbeiter nicht bei einem ausländischen, sondern bei einem inländischen Subunternehmen anstellten, so dass sie meist nicht unter die EU-Entsenderichtlinie fielen. Wenn dies der Fall wäre, würden gelten: "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort."
Die EU-Kommission will das Thema nach Schmits Worten im Rat der EU-Mitgliedsstaaten ansprechen. "Wir müssen jetzt schnell handeln und können nicht jahrelang über Gesetzestexte reden", sagte er. "Wir können nicht zulassen, dass zigtausende Arbeitnehmer durch das Netz fallen."