Grüne und DGB fordern schnelle Reformen für Fleischindustrie

Grüne und DGB fordern schnelle Reformen für Fleischindustrie
Brinkhaus: Werbung für Billigfleisch unterlassen
Mehr Tierschutz und bessere Arbeitsbedingungen: Im Blick auf nötige Reformen in der Fleischindustrie herrscht weitgehend Einigkeit. Schönen Worten müssten aber nun auch konkrete Reformen und Gesetze folgen, meinen Grüne und DGB.

Düsseldorf (epd). Nach dem "Fleischgipfel" von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) und Branchenvertretern dringen die Grünen auf schnelle Reformen in der Fleischindustrie. "Prüfaufträge und Gesprächsrunden helfen da nicht weiter, es braucht jetzt ein umfassendes Gesamtkonzept mit gesetzlichen Änderungen", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Samstag). Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund verlangte Taten statt Worte: Nötig seien "verbindliche Regeln und Gesetze, keine Absichtserklärungen", sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Samstag).

Hofreiter forderte eine verbindliche Tierhaltungs- und Herkunftskennzeichnung, wie es sie für Eier gibt. Fleisch dürfe zudem nicht mehr unter dem Produktionspreis verkauft werden. Um den Umbau der Tierhaltung zu fördern, solle die Regierung einen "Tierschutzcent" einführen. Die FDP bezeichnete es dagegen als "falschen Weg", Landwirte bei der Etablierung von besseren Haltungsbedingungen von einer Tierwohl-Abgabe abhängig zu machen. "Vielmehr fehlt es an marktwirtschaftlichen Impulsen, mit mehr Freiraum beim Umbau von Ställen", sagte FDP-Fraktionsvize Frank Sitta den Funke-Zeitungen.

Grünen-Agrarexperte Friedrich Ostendorff sagte der "Rheinischen Post": "Wir brauchen eine regionale Erzeugung, Verarbeitung und Verbrauch statt industriellen Mega-Schlachtfabriken." Gemeinsam mit der Parlamentarischen Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann, forderte er von Klöckner Auskunft darüber, ob sie sich für eine bessere Förderung von dezentralen Alternativen zur hochkonzentrierten Schlachtbranche wie Weideschlachtung, Hofschlachtung und landwirtschaftliche Direktvermarktung einsetzen werde.

Klöckner hatte beim "Branchengespräch Fleisch" am Freitag in Düsseldorf ihre Forderung nach einer europarechtlich verbindlichen Tierwohlabgabe für Fleischprodukte bekräftigt. Mit einem Aufpreis von 40 Cent je Kilo Fleisch im Handel solle ein Umbau der Ställe unterstützt werden. An dem Treffen nahmen Klöckners Kolleginnen aus Nordrhein-Westfalen, Ursula Heinen-Esser, und aus Niedersachsen, Barbara Otte-Kinast (beide CDU) teil sowie Vertreter aus Tierhaltung, Schlachtereien, Ernährungswirtschaft und Lebensmittelhandel.

Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Ralph Brinkhaus (CDU), appellierte an den Einzelhandel, Werbung mit billigen Fleischprodukten zu unterlassen. "Es geht nicht, dass wir mit dem Produkt Fleisch, für das im Übrigen immer ein Tier gestorben ist, Lockvogel-Angebote zum Einkaufen machen", sagte er der "Rheinischen Post". "Der Druck, der Preiskampf, den wir im Einzelhandel haben, tut der gesamten Wertschöpfungskette nicht gut."

Der DGB drängt derweil die Bundesregierung, die Eckpunkte von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) für bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie schnellstmöglich in Gesetzesform zu bringen. "Wir brauchen schnellstmöglich ein Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie und Regeln für die Unterbringung von Beschäftigten", sagte Vorstandsmitglied Piel.

Angesichts mehrerer Corona-Hotspots in großen Schlachtbetrieben hatte das Bundeskabinett im Mai Eckpunkte zur Verschärfung der Auflagen für die Fleischindustrie beschlossen. Dazu gehören häufigere Arbeitsschutz-Kontrollen, höhere Bußgelder und Auflagen für die Unterbringung ausländischer Arbeiter. Kern ist ein Verbot von Werkverträgen ab Januar kommenden Jahres, damit Betriebe die Verantwortung nicht länger auf Subunternehmer abwälzen können.