Düsseldorf (epd). Der Bund, NRW und Niedersachsen werben für mehr Tierwohl in Ställen sowie höhere Sozial- und Umweltstandards. Dafür brauche es auch bessere Preise, sagte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) am Freitag nach dem "Branchengespräch Fleisch" in Düsseldorf. Die Arbeits- und Landwirtschaftsminister von NRW und Niedersachsen legten zudem ein gemeinsames Zehn-Punkte-Papier für einen besseren Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Fleischbranche vor.
Zu dem Branchentreff kamen Klöckner und ihre Amtskolleginnen aus Nordrhein-Westfalen, Ursula Heinen-Esser, und Niedersachsen, Barbara Otte-Kinast (beide CDU) mit Vertretern aus Tierhaltung, Schlachtereien, Ernährungswirtschaft und Lebensmittelhandel zusammen. NRW und Niedersachsen beherbergen mit etwa 12.000 schweinehaltende Betrieben und rund 15,1 Millionen gehaltenen Schweinen rund 60 Prozent der Betriebe und Tiere in Deutschland.
"Der Preis bei Fleisch und Wurst gibt nicht den wahren Wert wieder", sagte Klöckner. "Fleisch soll keine Luxusware für Reiche werden, aber auch keine Alltagsramschware." Wenn der Handel aber beim Einkauf für 100 Gramm Hähnchenfleisch nur 17 Cent zahle, dann könne da "kein Tierwohl und kein Menschenwohl drinstecken". Die Ministerin kündigte an, ein Preiswerbeverbot für Fleisch zu prüfen. Es gehe darum, dass Lockangebote für Fleisch aus ethischen Gründen untersagt werden sollten.
Außerdem wiederholte Klöckner ihre Forderung nach einer Tierwohlabgabe für Fleisch und Fleischverarbeitungsprodukte. Diese solle auch europarechtlich verbindlich sein. Die Ministerin schlug dazu einen Aufpreis von 40 Cent je Kilo Fleisch im Handel vor. Das zusätzliche Geld soll in einen Fonds fließen, aus dem die Landwirte Mittel für Investitionen zum Umbau der Ställe bekommen. Unter den bisherigen Bedingungen seien faire Löhne und Arbeitsbedingungen, hohe Tierwohlstandards und ein auskömmliches Einkommen von Tierhaltern "schwer zu erreichen", betonte Klöckner.
Schätzungen zufolge kostet ein Umbau der Tierhaltung, der mehr Tierwohl berücksichtigt, rund 3,6 Milliarden Euro. Heinen-Esser betonte, dieser Umbau sei nur möglich, wenn er von allen mitgetragen werde. "Hier sind auch die Verbraucher an der Ladentheke gefordert", betonte sie.
Der Deutsche Tierschutzbund äußerte sich enttäuscht von den Ergebnissen des "Branchengesprächs". "Es wurde geredet, es wurde sich ausgetauscht. Aber konkret wurde es nicht", kritisierte der Präsident des Tierschutzbundes, Thomas Schröder. Er forderte ein klares und schärferes Ordnungsrecht, einen starken Vollzug und eine durchgreifende Kontrolle.
NRW und Niedersachsen legten zudem einen gemeinsamen Zehn-Punkte-Plan gegen die Missstände im Arbeits- und Gesundheitsschutz in der Schlachtbranche vor. Darin fordern sie unter anderem ein Verbot von Werkverträgen und Subunternehmerstrukturen, eine Erfassung der Arbeitszeiten, bessere Hygienestandards, menschenwürdige Unterbringung, schärfere und häufigere Kontrollen und deutlich höhere Bußgelder bei Verstößen.
Für einige Betriebe habe zu lange eine "organisierte Verantwortungslosigkeit" gegolten, erklärte NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Ein Systemwechsel in der Branche sei überfällig, ergänzte sein niedersächsischer Amtskollege Bernd Althusmann (CDU). Eklatante Missstände bei der Unterbringung vieler Beschäftigter würden "offenbar immer noch nicht ausreichend kontrolliert und sanktioniert". Notwendig seien "konkrete rechtliche Vorgaben und klare Rahmenbedingungen", forderte Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU).